Wohnungen oder Park im Diplomatenviertel?

■ Bausenator Nagel kippt vom Bezirk Tiergarten geplanten Park im Diplomatenviertel / Baustadtrat Porath protestiert gegen Planungsstopp

Der seit Jahren geplante Park im Diplomatenviertel südlich des Tiergartens droht an den Wohnbauplänen von Bausenator Nagel (SPD) zu scheitern. Der Senator hat jetzt den Bezirk Tiergarten per „Anweisung“ gezwungen, die Arbeit an sämtlichen Bebauungsplänen für das Areal zu stoppen. „Politisch“ sei das „nicht haltbar“, protestiert der Tiergartener Baustadtrat Horst Porath (ebenfalls SPD). „Rechtlich“ dagegen, bedauert der Stadtrat, sei Nagels Attacke „leider machbar“.

Eigentlich wollte der Bezirk schon 1991 im westlichen Teil des Diplomatenviertels - zwischen Klingelhöferstraße, Tiergarten, Hildebrandstraße und Landwehrkanal - mit dem ersten Bauabschnitt beginnen. Der Bausenator stoppte nicht nur die Planung, sondern drehte dem Bezirk auch den Geldhahn zu. Die Mittel, die für den Park eingeplant waren, seien auf Nagels Bitte von Finanzsenator Meisner (SPD) gesperrt worden, klagt Porath. Insgesamt 35 Millionen Mark waren vorgesehen; für den ersten Bauabschnitt waren dem Bezirk 16 Millionen fest versprochen.

Der Bezirk habe gegen die Sperre protestiert, erläutert Porath, sei aber von der Bauverwaltung darauf hingewiesen worden, daß es bei der Entscheidung bleibe. Hintergrund sei der Plan, 1.000 neue Wohnungen im Diplomatenviertel zu bauen. Mit diesem Beschluß, den der Senat im letzten Jahr gefällt hatte, seien Nagel und AL-Umweltsenatorin Schreyer ja seinerzeit dem Bezirk „in den Rücken gefallen“, klagt der Baustadtrat.

Im Hause Schreyer weist man diesen Vorwurf freilich von sich. Auf den ökologisch wertvollen Flächen für den ersten Bauabschnitt der geplanten Parkanlage habe man nie Wohnungsbau zulassen wollen, sagt Schreyer-Referentin Beate Prof. Die Umweltverwaltung schickte Nagel jetzt zwar eine Liste, in der Flächen für insgesamt 700 Wohnungen in dem ehemaligen Botschaftsviertel aufgeführt werden. Diese Grundstücke liegen aber im Südosten des Areals und nicht dort, wo jetzt der Park angelegt werden sollte.

Schreyer will in einer Stellungnahme deshalb gegen die Nagelsche Park-Blockade protestieren: „Wir finden das nicht richtig“, versichert Prof. Von der Bauverwaltung war gestern nachmittag keine Stellungnahme mehr zu erhalten. Allerdings läßt sich ein Grund vermuten, warum der Bausenator auf den Bezirkspark so scharf ist: Diese Flächen gehören größtenteils dem Land und sind deshalb für Baupläne schnell verfügbar. Die von Schreyer vorschlagenen Wohnbauflächen dagegen sind zum größten Teil im Besitz ausländischer Regierungen und des Bundes. Auch Prof hält es für überaus unwahrscheinlich, daß diese zur Zeit geneigt sein könnten, ihre Ländereien in der Berliner Innenstadt zu verkaufen.

hmt