Ping-Pong wird erwachsen

■ Der Tischtennis-Bund mausert sich zum Managerbetrieb: Marketingfirma, Fernsehverträge und Preisgeldturniere

Stuttgart (taz) - Jahrzehntelang war der Deutsche Tischtennis-Bund (DTTB) die graue Sportmaus, zumindest in den Medien. Mit seinem Ping-Pong-Freizeitimage wollte er nie so recht in die glitzernd-glimmernde Fernsehshowsportwelt passen. Nun endlich ist Schluß mit dem Muff: Zwei Zugpferde verhelfen den lange belächelten Funktionären zu neuem Selbstbewußtsein und zum Ausleben ungeahnter Managertalente.

„Wir haben mit Jörg Roßkopf und Steffen Fetzner amtierende Weltmeister im Doppel, und wir sind mit der Nationalmannschaft erfolgreich. Wir haben im vergangenen Jahr in Dortmund organisatorisch sehr gute Welttitelkämpfe ausgerichtet, und vor uns liegen die Jugendeuropameisterschaften im Juli 1991 in Karlsruhe, sowie die Europameisterschaft 1992 in Stuttgart“, zählt DTTB -Präsident Wilhelm Gäb voller Stolz auf. „Und auf dieser Welle wollen wir weiterschwimmen“, fügt Dieter Meinhold entschlossen hinzu. Meinhold ist der Geschäftsführer der neugegründeten Tischtennis-Marketing GmbH (TMG).

Dieses Ziel fest im Auge, wagt sich der DTTB auf fremdes Terrain: Zum ersten Mal wird er 1991 Preisgeldturniere veranstalten: den „European Nations Cup“ und den „European Masters Cup“.

Beide Turniere sind reine Männerveranstaltungen. Am Masters Cup, der alljährlich im September stattfinden soll, dürfen die acht besten Spieler der Welt teilnehmen, plus zwei vom Ausrichter zu vergebende „wild carts“. Die acht weltbesten Nationalmannschaften sollen immer im Januar den Nations Cup ausspielen. „Das Preisgeld bei den dreitägigen Veranstaltungen beträgt je 100.000 US-Dollar“, verspricht der geschäftstüchtige Meinhold. „Soviel zu verdienen gab es noch nie im Tischtennis. Jetzt suchen wir natürlich bundesdeutsche Städte, die diesen Sport optimal präsentieren.“

Interessenten gibt es bereits: Dortmund, Frankfurt und Stuttgart. Dortmund möchte das Nationenturnier im Januar an Land ziehen, Stuttgart den Masters Cup im September. Den Turnieretat schätzt Meinhold auf 400.000 bis 500.000 D-Mark. Finanzierungsprobleme für die Stadt sieht der kluge Mann aus gutem Grunde nicht: Vor einigen Tagen hat der DTTB Vereinbarungen mit den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten für die nächsten vier Jahre ausgehandelt. „ARD und ZDF werden ab 1991 die Übertragungszeiten für Tischtennis drastisch erhöhen“, weiß Gäb. Auf rund zwanzig Stunden im Jahr nämlich. „Das ist das drei- bis vierfache der Übertragungszeit vor der WM '89.“

Dadurch erhält der Verband wesentlich mehr Geld als noch durch den Globalvertrag mit dem DSB. Wieviel genau, will Gäb nicht preisgeben, nur soviel: „Der Vertrag ist gut dotiert.“

Thomas Schreyer