Esoterisches Osterei auf Lanzarote

■ Geschaßter RTL-Starmoderator frönt auf der Kanaren-Insel weiter seinen braun angehauchten Neigungen

München (taz) - Knapp eine Woche ist es her, daß RTL -Starmoderator Rainer Holbe sich von seinem Privatsender mit großem Getöse verabschiedet hat und damit wohl seiner fristlosen Kündigung zuvorkam. Grund: Holbe, der seit etlichen Jahren als Sprachrohr der esoterischen New-Age -Gemeinde auftritt, hatte ein Buch mit antisemitischen Äußerungen veröffentlicht. Von zwei Geistwesen ließ der ehemalige Journalist der 'Frankfurter Rundschau‘ sich Nachrichten aus dem Jenseits diktieren. Seine beiden Geister, Fabian und Gabor genannt, plauderten aus dem früheren Leben prominenter Zeitgenossen. Darunter auch von dem 1987 an Krebs verstorbenen Dalli-Dalli Showmaster Hans Rosenthal. Ein Dieb sei der in einem seiner Leben gewesen, im anderem habe er gar zehn Menschen umgebracht. Das Krebsleiden sei die Strafe aus früheren Inkarnationen, und außerdem habe er damit auch für sein jüdisches Volk mit gebüßt, verbreitete Holbe.

Den Job ist er jetzt zwar los, aber seinen esoterischen Neigungen frönt der 50jährige weiter. Wie schon im vergangenen Jahr, leitet der ehemalige Moderator der ZDF -Starparade auf der kanarischen Insel Lanzarote ein Oster -Symposium im Pyramidenzentrum „Etora“. Lanzarote gilt als Mekka der New-Age-Esoterik. Zwei Wochen lang sollen dort „Personen aus Politik und Kunst, die dem esoterischen Weltbild in ihrem Alltag verbunden sind“ zum Thema „Zeitgeist“ über „New Age, Wassermann-Zeitalter, Holistik, Geist und Natur, Mensch und Umwelt kontrovers sprechen“. Angekündigt ist der „Zeitgeist„-Kongreß noch „in Zusammenarbeit mit RTL-Plus“. In der Kölner Sendezentrale wußte niemand, bis zum Skandal um das Buch von Holbe, überhaupt von der Existenz eines Etora-Zentrums. Aber auch der eingeladene Personenkreis hat sich inzwischen geändert. Der angekündigte CDU-Vordenker Kurt Biedenkopf oder auch der SPD-Bundestagsabgeordnete Norbert Gansel haben damit nichts mehr am Hut. Abgesagt haben inzwischen auch der grüne Friedensforscher Alfred Mechtersheimer und Gerhard Baum von der FDP. Mechtersheimer legt jedoch Wert auf die Feststellung, daß seine Absage nichts mit der Holbe-Affäre zu tun habe. Er hält die Reaktionen auf Holbes Treiben für „stark überzogen“. Auch Liedermacher Konstantin Wecker zog es vor, auf Tournee zu gehen. Sein Kollege, der Jazzposaunist Knut Kiesewetter dagegen ist mit von der Partie. Ebenso die grüne Bio-Backtante und ehemalige Schauspielerin Barbara Rütting. Der CDU-Sozialfall Rainer Barzel hatte zunächst zugesagt. Auf Nachfrage wollte er jedoch die Insel Lanzarote gar nicht kennen.

„Wir konnten diesmal für die zweite Woche auch Franz Alt gewinnen“, verkündete Ulrich Diemer, Manager der „Deutschen Etora„-Niederlassung in Freiburg, stolz. Außerdem sei er gerade dabei, die Tickets für den Atomphysiker Klaus Traube wegzuschicken. Der Atomkritiker erhielt einen Brief von Holbe, in dem dieser sich von den Buch-Äußerungen distanzierte. Daraufhin sah er keine Veranlassung mehr, nicht doch beim Thema „Zeitgeist“ mitzudiskutieren. Außerdem, so Traube, wo Franz Alt sei, könne auch er unbedenklich auftreten. Und last but not least lockt sicher alle Teilnehmer „die bizarre Schönheit der Landschaft, das ganzjährige milde Klima und das tiefblaue, wilde und auch sanfte Meer“, wie der „Etora„-Prospekt die „schwarze Insel im Atlantik“ anpreist. Von Luitgard Koc