„Wir wollen keinen Bürgerkrieg am Prenzlauer Berg“

■ Bürgerinitiativen fordern ein Ostberliner Institut für Stadtsanierung / Der PDS-dominierte Magistrat ist dafür, doch der am 6. Mai zu wählende neue Magistrat muß entscheiden / Selbsthilfekongreß mit 26 Gruppen aus 22 DDR-Städten begann gestern im Ostberliner Bauministerium

Ein Institut für Stadterhaltung und Stadterneuerung in der DDR forderten Vertreter von Bürgerinitiativen aus der DDR anläßlich eines zweitägigen Kongresses im Ostberliner Bauministerium, der gestern begann. Das Institut solle die Arbeit der Bürgerinitativen koordinieren, Arbeitstreffen organisieren, Qualifizierungsangebote im Selbsthilfebereich machen und Kontakte zu Verwaltungen und wissenschaftlichen Instituten knüpfen. Der Staatssekretär im Bauministerium, Breuer (PDS), hatte einen Antrag auf 350.000 DDR-Mark gestellt, um dieses Institut zu finanzieren. Darüber müsse aber die neue Regierung entscheiden, sagte er. „Wir sind gespannt, wie die neue Regierung mit uns umgeht, nachdem der Umschwung auf unseren Knochen passiert ist“, sagte Mathias Klipp von der Bürgerinitative Oderbergerstraße, einer der Initiatoren des Instituts, gestern vor der Presse.

Die Institutsgründer stammen aus dem Umfeld der Bürgerinitativen des Prenzlauer Berges, sie sind mit den übrigen BIs in Ost-Berlin im Sprecherrat der Bürgerinitiativen organisiert, der bislang am Runden Tisch Ost-Berlin saß. Am Ostberliner Treffen nahmen 26 Initiativen aus 22 Städten der ganzen DDR teil. In den Arbeitsgruppen wird über Organisations-, Verwaltungs- und Finanzierungsmodelle für die Stadtsanierung diskutiert. Die meisten Bürgerinitativen streben genossenschaftliche Organisationsformen für ihre Häuser an, dazu sind aber neue rechtliche Strukturen erforderlich und auch Geld. „Doch ohne Selbsthilfe ist die Sanierung unserer kaputten Städte nicht möglich“, sagte Klipp. Private und staatliche Investitionen reichten bei weitem nicht aus. Bereits jetzt bekomme nur der eine Wohnung, der bereit sei, Ausbauarbeiten zu leisten. Die Häuser sollten freilich, so versicherten die Institutsgründer ganz entschieden auf besorgte Fragen östlicher Journalisten, ausschließlich für DDR-Bürger genutzt werden. Westlichen Kapitalinteressen wolle man nicht Vorschub leisten.

Die inzwischen recht zahlreichen Hausbesetzungen in Ost -Berlin finden die BI-Vertreter zwar prinzipiell richtig, aber man könne das nicht pauschal betrachten. „Die Besetzerszene zeigt nur ein viel größeres Problem auf, nämlich daß die Strukturen kommunaler Wohnungswirtschaft völlig zerrüttet sind.“ Man unterstütze nur Hausgruppen, denen man auch zutraue, den Ausbau zu schaffen, und die auch entsprechende finanzielle Rücklagen hätten. „Es reicht nicht aus, einfach zu besetzen und zum Nulltarif wohnen zu wollen“, meinte Klipp. Ein Problem seien auch bestimmte Besetzer aus dem Westen, die in West-Berlin Sozialhilfe beziehen, dieses Geld schwarz tauschen und damit „Bier für alle kaufen und sonst nichts“. Man pflege zwar gute Kontakte zu Kreuzberger Initativen wie dem Verein SO36 oder zu Sanierungsträgern. Man wolle aber nicht die Kreuzberger Fehler wiederholen. „Es soll hier nicht zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen kommen und Steine am Prenzlauer Berg fliegen“, sagte Klipp. Das Institut hat bereits Räume vom Bauministerium bekommen, die aber noch nicht bezugsfertig sind. Der Sprecherrat trifft sich bislang jeden zweiten Dienstag um 20.00 in der Wilhelm-Pieck-Straße 72.

Eva Schweitzer