Werders Rentner wasserfest

■ Nichts ist schöner als der Erfolg: Werder und Otto Rehhagel wieder ganz obenauf

Otto Rehhagel hat gut lächeln: Da saß am Samstag nach dem Spiel der Karlsruher Trainer Winfried Schäfer in der Pressekonferenz und lamentierte über nicht gegebene Elfmeter für und falsch gegebene Freistöße gegen seine Mannschaft, und dabei tat er so, als habe der KSC in Bremen fast gewonnen.

Der sonst so dünnhäutige Rehhagel nahm diese merkwürdige Sicht der Dinge mit dem Großmut des Siegers und stellte schlicht fest: „Wir hatten mehr Spielanteile“, und „Der Sieg ist verdient.“ Und in der Tat: Werder hatte im Dauerregen ein gutes Dutzend Chancen, Karlsruhe gerade vier.

Bei diesem beidseitigen fleißigen auf's Torkicken, kein Wunder, daß die ZuschauerInnen trotz des Dauerregens einen netten Samstag nachmittag im Weserstadion verbrachten und nach zwei schönen Toren von Alofs und Rufer zufrieden nach Hause gehen konnten.

Werder bleibt Tabellenführer und Otto Rehhagel ist wieder oben auf. Noch vor zwei Monaten saß Werders Trainer wie eine giftige Spinne im Netz und stach wild auf alle ein, die sich ihm in böser Absicht näherten. Und die natürlichen Feinde eines Trainers sind nun mal die JournalistInnen.

Die hatten sich nach „verhältnismäßig schwerblütigem Saisonstart“ (Rehhagel) auf Werders „Rentnertruppe“ und deren Trainer eingeschrieben. „Zu lange in Bremen“, „ohne Glück bei Neuverpflichtungen“, hieß das Urteil, als Werder neben dem anderen Mitfavoriten VfB Stuttgart im mittelsten Mittelfeld dümpelte. Sieben Spiele später ist Werder Tabellenführer, Stuttgart inzwischen in der Nähe eines Abstiegsplatzes, Rehhagel wieder Trainerkönig und Stuttgarts Entenmann vor dem Rausschmiß.

So ist die Fußballwelt, und Rehhagel kann voller Genugtuung neugewonnener Gelassenheit in der Werder Club-Zeitung schreiben: „Kritik ist absolut notwendig. Aber dabei kommt es auf Realitätssinn an. Doch ob unsere Kritiker diese Eigenschaft stets anwenden, bezweifle ich stark.“

Die neue Bremer Fußballrealität jedenfalls heißt: Werder ist wieder wer!

Und da ist es erstmal gleichgültig, ob die Bremer am kommenden Wochenende gegen Kaiserslautern die Tabellenführung verteidigen oder nicht. Wer es seinen natürlichen Feinden so gezeigt hat wie Rehhagel in den letzten Wochen, der hat erstmal eine Verschnaufpause sicher.

hbk