Frauen! Auf zum Kapitol!

Die Geschichte geht so: Im Jahre 411 vor Christus — der Peleponnesiche Krieg geht ins zermürbende zweite Jahrzehnt — hat die Athener Politikerin Lysistrate die Schnauze gestrichen voll vom Unverstand der Männer und ruft ein parteienübergreifendes Frauenbündnis auf den Plan.

Anfänglich zögern die Frauen, sich den radikalfeministischen Vorschlägen der Athenerin anzuschließen. Aber dann stimmen sie doch zu: Liebesstreik, solange bis die Männer Frieden schließen. Auf subversiven Wegen werden auch die Frauen des Kriegsgegners Sparta gewonnen. Weil aber in den privaten vier Wänden das Scheitern des Boykotts vorprogrammiert scheint, verschanzen sich die Frauen allesamt in der Athener Burg — und mit der Besetzung ist zugleich der Staatsschatz in ihrer Hand. Der Streik zeigt schließlich Wirkung, die Männer geben klein bei, make love not war.

Was in der Antike geholfen hat, kann doch auch heute nicht schlecht sein, dachten sich die Bayerischen Grünen und forderten per Flugblatt die Frauen amerikanischer Soldaten zum Liebesboykott auf. Mit Streik oder Drohungen die Beziehung aufzukündigen, könnten die Frauen „aktiven Widerstand gegen einen Einsatzbefehl“ leisten, der ihre Männer in den Golf verfrachten soll. Und Hans-Hermann Hann, grünes Vorstandsmitglied, meinte, eben schon in der Antike, siehe oben, hätten Frauen Kriege verhindert.

Lieber Hans-Hermann, wir erlauben uns unsere Zweifel. Die Geschichte ist Fiction, ausgedacht vom militanten Peacnik Aristophanes, der nach zwei erfolglosen Anti-Kriegsstücken seine „Lysistrate“ verfaßte und damit eher männliche Angstphantasien aufs Papier brachte als historisch belegten weiblichen Widerstand. Und wirkungsvoller als ein Liebesboykott ist, siehe oben, das Sich-Verschanzen in der „Burg“. Ladies, besetzt das Hauptquartier, Pentagon und Kapitol, und vergeßt den Staatsschatz nicht! Helga Lukoschat