In der Charité stehen die Zeichen auf Sturm

■ 400 Mitarbeitern der Klinik soll gekündigt werden/ Zahnklinik bleibt nun aber offenbar erhalten

Mitte. Die bevorstehende Kündigung von 400 Mitarbeitern der Ost- Berliner Charité hat die Unruhe am Universitätsklinikum weiter gesteigert. Der Personalrat rief für kommenden Montag zu einer Protestversammlung gegen den Beschluß der Finanz- und Wirtschaftskommission des Kuratoriums der Humboldt-Universität auf, bis Ende September 300 Wissenschaftler und Ärzte sowie 100 Mitarbeiter aus dem nichtwissenschaftlichen Bereich die Entlassung auszusprechen.

Wissenschaftssenator Manfred Erhardt (CDU) als Vorsitzender des Kuratoriums hatte schon für Mai eine Namensliste angefordert, die erst am 20.Juni abgegeben worden war, aber nicht veröffentlicht wurde. Die ersten 200 Kräfte von derzeit insgesamt 5.300 sollen am 7.August und die zweiten 200 am 7.September ihr Kündigungschreiben erhalten. Im Personalrat gibt es dem Vernehmen nach unterschiedliche Ansichten darüber, ob die Namen der Betroffenen vorzeitig bekanntgegeben werden sollen oder nicht.

Hintergrund der Massenentlassung ist die Vorgabe von Senator Erhardt, die Charité von derzeit noch 1.800 Betten bis Ende 1993 auf 1.350 Betten zu verkleinern. Ferner hatte der Hauptausschuß des Berliner Abgeordnetenhauses den drei Klinika Rudolf Virchow, Steglitz und Charité Einsparungen in Höhe von 50 Millionen Mark jährlich verordnet. Die Klinika hatten im Februar diesen Auftrag zurückgewiesen. Die Klinika seien nicht bereit, sich selbst die Füße wegzuschlagen, hieß es sinngemäß. Angesichts der prekären Berliner Haushaltslage wurden sie erneut gemahnt, Sparvorschläge zu unterbreiten.

Die Finanz- und Wirtschaftskommission des Humboldt-Kuratoriums hat nach Angaben von Charité-Sprecherin Marlis Scheunemann den Vorschlag offiziell zurückgenommen, die Zahnklinik der Charité zu schließen. Gegen die geplante Schließung der Zahnklinik, die Patienten aus dem gesamten Norden der ehemaligen DDR versorgt, hatten Ärzte und und Studenten vor wenigen Tagen vor dem Roten Rathaus demonstriert. Ende Juni war eine Senatsvorlage bekanntgeworden, nach der Wissenschaftssenator Erhardt die älteste Zahnklinik Deutschlands ersatzlos schließen wollte.

Beschlossen wurde, die sogenannte vorklinische Ausbildung der Medizinstudenten an der Charité zu konzentrieren und an den beiden (West-Berliner) Klinika aufzulösen. Pro Jahr sollen dann 400 Studenten an der Charité vorklinisch unterrichtet werden. dpa