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Pieroth will bei Papptellern absahnen

■ Finanzverwaltung prüft, ob Besteuerung von Einweggeschirr an Imbißbuden und Kantinen den Staatssäckel füllt/ Vorbild ist Kassel

Berlin/Kassel. Gibt es Pommes Frites bald nur noch in Eiswaffeln und Currywürste nur noch auf Maisoblaten? Pappteller, Plastikgeschirr und Getränkedosen könnten jedenfalls ziemlich teuer werden. Denn Einweggeschirr, so die neuste Idee in der Finanzverwaltung, soll besteuert werden. Finanzsenator Elmar Pieroth (CDU) hat für die neue Einnahmequelle bereits ein Vorbild: Kassel. Seit vergangenem Mittwoch müssen in der hessischen Kommune Kneipiers, Imbißbudenbesitzer, Kantinenpächter und Hotelbetreiber erstmals in der Bundesrepublik für den Müll, den sie verursachen tief in die Tasche greifen.

Für jede Einwegdose, -flasche, -becher und sonstiges Behältnis müssen 40 Pfennig, auf jedes Einweggeschirr 50 Pfennig und auf jedes Einwegbesteck 10 Pfennig Umweltsteuer gezahlt werden. Die Steuer gilt für alle Einwegverpackungen und nicht wiederverwendbares Geschirr, sofern darin Speisen und Getränke »zum Verzehr an Ort und Stelle« angeboten werden. Die Provinzstadt hofft auf eine Reduzierung des Abfalls um rund 500 Tonnen jährlich — nicht ganz ein Prozent des gesamten Gewerbe- und Hausmülls, sagt Petra Bohnkamp vom Presseamt. Durch die Umweltsteuer würden im ersten Jahr vermutlich etwa 100.000 Mark in den Haushalt fließen. Rund ein Fünftel wird für die Finanzierung von zusätzlichem Personal ausgegeben, daß Frittenbuden und Cafeterias kontrolliert. Bohnenkamp betont aber, daß es der Stadt nicht um zusätzliche Einnahmen gehe, sondern um die Reduzierung des Müllbergs.

Ob in Berlin für die Zukunft möglich ist, was in Kassel seit vier Tagen funktioniert, müsse die Finanzverwaltung rechtlich und haushaltstechnisch prüfen, berichtet Thomas Butz, Sprecher der Verwaltung. Auf Grund der schwierigen finanziellen Situation sei man gezwungen, alle Möglichkeiten von Einnahmeverbesserungen zu bedenken. Der Senator habe allerdings nur dann ein Interesse, wenn der Ertrag den Aufwand rechtfertige. Schließlich seien im Gegensatz zu Kassel die Berliner Finanzämter durch das Zusammenwachsen der Stadt ohnehin schon stark belastet.

Die Hotel- und Gaststätteninnung Berlin ist von der neuen Idee der Finanzverwaltung nicht begeistert. »So einfach kann der Senator sich nicht neue Einnahmequellen suchen«, sagt Geschäftsführer Peter Breitkoff. Dem Vorhaben müsse das Parlament zustimmen. Außerdem hätte der Fiskus keine Freude an seiner Pappteller-Steuer, weil die Wirte bereits von selber immer weniger Einweggeschirr benutzten. Der Innung liege viel mehr am Herzen, wenn etwas gegen die Müllberge unternommen werde, die die Berliner nach dem Grillen im Tiergarten hinterließen.

Wie ein Markt mit der geplanten Einwegsteuer aussehen könnte, demonstrieren Öko-Bauern am 14. Juli. Am Dienstag übernächster Woche gelten auf dem »Markt auf dem Leopoldplatz« strenge Auflagen. Es darf kein Essen ausgegeben werden, bei dem Einweggeschirr benutzt wird oder anderer Müll anfällt. Auf dem Ökomarkt im Wedding werden ausschließlich ökologisch angebaute Produkte angeboten. Dirk Wildt

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