Ohrfeige für Strate & Co

■ Auer-Prozeß: 13 Jahre Haft für einen zehn Jahre zurückliegenden Mord

: 13 Jahre Haft für einen zehn Jahre zurückliegenden Mord

Das Landgericht hat gestern im Fall Jürgen Auer die Karten auf den Tisch gelegt. Der 38jährige Konditor wurde wegen des zehn Jahre zurückliegenden Raubmordes an dem Kaufmann Erhard Walther zu einer Haftstrafe von 13 Jahren verurteilt. Das Bundesverfassungsgericht hatte 1990 angeordnet, den Fall neu aufzurollen, als Auer schon acht Jahre Haft verbüßt hatte. Sein Verteidiger Gerhard Strate wird sich abermals auf die Suche nach dem kürzesten Weg in die nächste Instanz machen.

Der Angeklagte nahm das Urteil nach außen gelassen hin, verzog keine Miene und schüttelte nur beim Verlassen des Gerichtssaales den Kopf. Nachdem er 1984 in erster Instanz zu lebenslanger Haft verurteilt worden war, hat er jetzt in dieser Sache den zweiten Schuldspruch kassiert. Dabei bleibt der gelernte Konditor mit den langen Haaren bei seiner Darstellung, nicht er, sondern sein damals 21jähriger Freund Francesco habe den Kaufmann auf dem Gewissen.

Die mündliche Urteilsbegründung klang wie eine Ohrfeige für die Verteidigung. Die Anwälte hatten in ihren Plädoyers ein minutiöses Alibi beschrieben und einen Nachweis geführt, warum die widerrufene Selbstbezichtigung des Angeklagten von Anfang an falsch gewesen sei. Doch genau auf dieses alte Geständnis stützte sich die Kammer. Nach ihrer Überzeugung haben Auer und sein Freund den Kaufmann in einen Hinterhalt gelockt und erschossen. Die Männer hatten es auf den Inhalt seines Safes abgesehen. Weil es ihnen an Erfahrung mit Tresoren mangelte, erbeuteten sie lediglich den Inhalt seiner Brieftasche. Mehr als ein paar tausend Mark und eine Kreditkarte hatte das Opfer nicht dabei.

Auer und der Italiener wurden später in Mailand verhaftet. Auer nahm die Tat auf sich, da er sich für einen todgeweihten Magenkranken hielt. Später widerrief er seine Aussage. Erst zwei Jahre danach gab er an, sich zur Tatzeit in einem Restaurant befunden zu haben, was ein seriöser Zeuge vor Gericht bestätigt hat. Die Richter gehen jedoch davon aus, daß Auer direkt nach dem Mord über die Straße in das Lokal gegangen ist, um drei Portionen Muscheln zu ordern. Der Kammervorsitzende sprach in diesem Zusammenhang von einer „kaltblütigen Hinrichtung“.

Am Ende der Verhandlung lagen somit ein schwer einschätzbares Geständnis, ein Alibi und ein Aktenberg, der von den jahrelangen Bemühungen der Verteidigung um die Wiederaufnahme des Verfahrens kündete, auf dem Tisch. Die richterliche Entscheidung läßt „keinerlei vernünftige Zweifel“ an der Täterschaft des Angeklagten gelten, der wegen verminderter Schuldfähigkeit eine gemilderte Strafe erhalten hat. Auers Kommentar: „Der Kampf geht weiter.“ Paula Roosen