Werbung für die EG

■ TV-Teams touren durch „Europa im Aufbruch“

„Das Europa von heute — eine faszinierende Erfolgsgeschichte“, so heißt es im Vorspann des TV-Dreiteilers „Europa im Aufbruch“, der morgen im Deutsche-Welle-Auslandsfernsehen beginnt. Ganz unbescheiden behaupten die MacherInnen der deutsch-US-amerikanischen Koproduktion, ihre drei je 60minütigen Streifen erklärten die „Geschichte, Gegenwart und Zukunft der EG“.

Ein gigantisches Budget von 1,4 Millionen DM — das die EG-Redakteurin der taz vor Neid erblassen läßt — hat's möglich gemacht: Anderthalb Jahre lang tourten TV- Teams der ungleichen Partner „Maryland Public Television“ (MPT) und „Deutsche Welle“ (DW) quer durch Europa, sie filmten in Ungarn und Wales, in Dänemark und der Algarve. Mehrere hunderttausend DM gingen allein in die Komposition der Musik, die jede Szene dramatisch unterlegt.

Das Ergebnis der aufwendigen Vorarbeiten ist ein Potpourri aus Volksfesten, Landschaften und Einzelportraits. In rasanter Geschwindigkeit jagen sich die bunten Bilder. Von dem auf einem mitteleuropäischen Bahnhof wartenden Orientexpress („für die Reichen gab es nie Grenzen in Europa“) geht die Kamera zu einer portugiesischen Wissenschaftlerin, die in Deutschland studiert hat („Prototyp der neuen Europäerin“). Der ehemalige ARD-Korrespondent in Brüssel, Carl Weiss, ist als Präsentator immer dabei. Wie im amerikanischen Fernsehen, plaudert der grauhaarige „Mr. Europa“ aus dem Nähkästchen.

Während rund um die EG die Konflikte eskalieren, heißt es in der Fernsehserie allen Ernstes: Früher, da gab es „Krieg und Gewalt, heute stehen Regionen im friedlichen Wettstreit miteinander“. Die EG wird als einzige Erfolgsgeschichte dargestellt. Ihre innere Zerstrittenheit und ihre Rat- und Tatlosigkeit bei sämtlichen politischen Konflikten der jüngeren Vergangenheit kommen erst gar nicht zur Sprache.

Ein Werbefilm für die EG sei die Serie nicht, meinen die MacherInnen von der Deutschen Welle. Ihr Budget kam zum größeren Teil von privaten Sponsoren der amerikanischen Partnerin MPT. Die Deutsche Welle, die sich aus öffentlichen Mitteln finanziert, steuerte ein Viertel der Produktionskosten bei.

Ausgestrahlt wird die Serie zunächst im Ausland. Doch auch die Dritten Programme mehrer deutscher Regionalsender wollen sie kaufen. Bereits im September ist sie im SFB zu sehen. Besonders großes Interesse an ihrem Thema vermutet die Deutsche Welle in der Dritten Welt. Dort, wo die Handelspolitik der EG die höchsten Opfer fordert, wird die Serie den Mythos von Europa als einem Hort des Friedens und des Wohlstands am Leben halten. Das Verständnis für die europäischen Konflikte freilich wird sie nicht fördern. Dorothea Hahn