GRENZENLOSEAUSBILDUNG
: Erasmus und Petra II

■ Wegweiser durch den Dschungel der zahlreichen EG-Programme für Jugendliche

Die Europäische Gemeinschaft hat ihr Herz für die Jugend entdeckt. Mit zahlreichen Programmen sollen die Jugendlichen Europa kennenlernen. Aber das ist nicht ganz unproblematisch: wenig Mittel, wenig Sachbearbeiter, großer Verwaltungsaufwand, komplizierte Antragsverfahren und ein minimaler Bekanntheitsgrad. Mehrseitige, von EG-Bürokraten verfaßte Verwaltungsvorschriften, jede Menge Nebenbestimmungen und ein Wust von Auflagen lassen viele jugendliche Antragsteller frühzeitig resignieren. Es gibt nur wenige Beratungsstellen, oder sie sind unbekannt. Nationale Stellen wie die Arbeitsämter sind häufig nicht informiert.

Erst mit 15 sind Jugendliche euro-förderungswürdig

Wenn der Interessent schließlich alle Hürden genommen und viel Zeit investiert hat, stolpert er über eine letzte Fußangel: Die meisten Euro-Jugendprogramme können, wie auch die nationalen und kommunalen Programme, nur von Mitgliedern anerkannter Jugendorganisationen wahrgenommen werden. Nur wenige Programme sind für Einzelne interessant: Über das europäische Jugendzentrum Straßburg (vom Europarat unterstützt) können Jugendliche vierwöchige Sprachkurse in fast ganz Europa belegen. Sie sind in Gruppen im jeweiligen Ausland untergebracht und können sich damit kommerzielle Sprachreisen sparen. Bei Preisen um 250 Mark für vier Wochen Kultur bleibt auch Azubis genug Geld für den abendlichen Chianti oder das halbwarme Guiness. Allerdings sind die Plätze für Einzelanmeldungen begrenzt. Für alle EG-Programme gilt: Förderungswürdig sind Jugendliche erst ab 15.

Die EG-Kommission unterhält verschiedene Fonds: ERASMUS zur Förderung von Auslandsstudien europäischer StudentInnen; LINGUA zur Förderung der Sprachkenntnisse junger ArbeitnehmerInnen und StudentInnen; TEMPUS zur Förderung von Kontakten mit dem osteuropäischen Raum. Für junge ArbeiterInnen sind die Stipendien von JUGEND FÜR EUROPA (YES) interessant: kurze Aufenthalte im EG-Ausland werden finanziell unterstützt. Einzelinteressenten sollten sich an die Carl-Duisberg-Gesellschaft in Köln wenden, da sie die Programme übersichtlich darstellt und einen benutzerfreundlichen Zugang verschafft. Auch die Arbeitsämter informieren über internationale Studiengänge, die im Rahmen von ERASMUS, TEMPUS oder anderen Maßnahmen initiiert wurden.

In Brüssel gibt es noch immer keine Ansprechpartner

Im Programm PETRA II (Berufsbildung Jugendlicher und Vorbereitung auf das Erwachsenen- und Erwerbsleben) sollen vermehrt Mittel für den grenzüberschreitenden Berufsbildungsaustausch und für Auslandspraktika bereitgestellt werden. Doch selbst anerkannte Träger, die eine Förderung ihres Projekts erreicht haben — 1991 immerhin fast 400 Projekte mit über 60.000 Jugendlichen — sind vor unliebsamen Überraschungen nicht gefeit: Zur Zeit gibt es in Brüssel weder Ansprechpartner noch Information oder Beratung. Bei der Zusammenlegung von PETRA II mit YES haben es die EG-Bürokraten schlicht versäumt, auf die normale Arbeitsfähigkeit eines Büros zu achten. Hilfestellung gibt es momentan nur über informelle Kontakte. Wolfram Dutton, Sirke Theberath

In der Broschüre „Dschungel Europa“ sind alle Programme übersichtlich erläutert. Erhältlich beim Sozialistischen Bildungszentrum, Haardgrenzweg 77, 4353 Oer-Erkenschwick, Tel. 02368-690652.