2000 Wohnungen von Umwandlung bedroht?

■ FDP-Immobilienhändler Kai Wünsche will in großem Stil Eigentumswohnungen verscherbeln / 186 Anträge bereits eingereicht

will in großem Stil Eigentumswohnungen verscherbeln / 186 Anträge bereits eingereicht

Die Schonfrist für Mieter läuft ab. Weil die schriftliche Begründung des BGH-Urteils vom 30. Juni 1992, das die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen erleichtert, in Hamburg noch nicht vorliegt, erteilen die zuständigen Bauprüfabteilungen bislang auch keine für die Umwandlung nötigen Abgeschlossenheits-Erklärungen. Doch die Gerichts-Erläuterung wird in den nächsten Tagen erwartet, in den Amtsstuben stapeln sich bereits die Umwandlungsgesuche.

Die größte Antragsflut haben neben den Behörden der Altbau- Hochburg Eimsbüttel die Bauprüfer des Bezirks Hamburg-Nord zu bewältigen. Ein Grund dafür: Die Nord-Region ist das bevorzugte Revier des Immobilienhändlers und FDP-Politikers Kai Wünsche.

Allein in Fuhlsbüttel will der Chef der Wünsche AG (Jahresumsatz 1991: 2,2 Milliarden Mark) 186 Mietwohnungen zu Eigentum machen. Sie alle gehören der „Bauverein zu Hamburg AG“, deren Aktien zu 90 Prozent in der Hand der Wünsche-Unternehmensgruppe liegen. Am vergangenen Montag ging im Bezirksamt Hamburg-Nord nach Informationen der taz der Antrag des Bauvereins ein, 36 Wohnungen im Fuhlsbüttler Kurveneck 13 und 15 in Eigentum umzuwandeln.

Erst in der Woche zuvor hatte die Wünsche-Firma die Umwandlung 26 weiterer Wohneinheiten der Kurveneck-Häuserzeilen 12-16 beantragt. Doch damit nicht genug: Im vergangenen Winter beantragte der Bauverein bereits Abgeschlossenheitserklärungen für 114 Wohnungen in den Nachbarstraßen Ohkamp und Ohkampsring. Doch diese verweigerte das zuständige Ortsamt dem Bauverein bislang, weil die in den 60er Jahren erstellten Wohnungen nicht neuesten Brand-, Schall- und Wärmeschutzbestimmungen entsprechen. Das Karlsruher Urteil aber zwingt die Bauprüfer, dem Umwandlungsbegehren Wünsches nachzugeben.

Die geplante Umwandlung der 186 Fuhlsbüttler Wohnungen dürfte erst der Anfang einer großen Umwandlungswelle sein, die Wünsche hinter den Kulissen plant. Der „Bauverein zu Hamburg“ nennt 5309 Wohnungen in Hamburg und Umgebung sein eigen. Diese werden von dem Subunternehmen „Bau-Verein Hausverwaltungsgesellschaft mbH“ verwaltet, das auch 1670 Hamburger Wohnungen betreut, die Wünsches Bauverein 1990 an den Berliner Spekulanten Arno Kropf veräußerte. Karin Aßmus von Mieter helfen Mietern: „Jede dieser Wohnungen ist potentiell umwandlungsgefährdet.“

Nach Geheim-Informationen aus der Wünsche-Zentrale wird in der Konzern-Spitze zur Zeit darüber diskutiert, 2000 der insgesamt 7000 Wohneinheiten zu renovieren und anschließend zu verkaufen — paketweise an andere Immobiliengesellschaften oder einzeln als Eigentumswohnungen. Die Bauvereins- Manager rechnen mit Modernisierungskosten von rund 120 Millio-

nen Mark bei einem anvisierten Verkaufserlös von 600 Millionen Mark. Offiziell werden diese Überlegungen allerdings dementiert. Rolf-Alexander Schellenberg, Geschäftsführer der Verwaltungsgesellschaft: „Wir denken gegenwärtig nicht an eine großflächige Mietwohnungs-Umwandlung.“

Was solche Versprechungen wert sind, beweist ein Brief, den Wünsche am 31. Mai 1991 an die

SPD-Dependance des Bezirks Nord schrieb. Darin versicherte der Konzern-Chef, daß er nicht beabsichtige, Wohnungen der Ohkamp- Siedlung zu verkaufen.

Heute begründen die Wünsche- Manager die Umwandlung damit, daß man den Mietern die Chance geben wolle, preiswertes Eigentum zu bilden. Doch die Realität sieht anders aus. Gesalzene 2500 Mark pro Quadratmeter müßten die

Siedlungsbewohner für ihre Wohnungen zahlen, im Schnitt rund 170000 Mark. Ansonsten droht Vertreibung. „Einen Kauf können wir uns nicht leisten“, klagt Nicola Kleist, die mit ihrem Mann vor 12 Jahren in den Ohkamp zog. Wie ihr geht es den meisten. Bei einer Umfrage unter 75 Siedlungsbewohnern erklärten nur vier Mieter, daß sie ihre Wohnungen notfalls auch selber erwerben würden. Marco Carini