„Mieser Charakter“ verurteilt

■ Mit altem Trick versuchte Betrüger, Witwen Geld aus der Tasche zu ziehen

Der Trick war alt, und deswegen fiel auch keine mehr darauf herein: Den Witwen kürzlich verstorbener Männer schickte Thomas A. Rechnungen über potenzsteigernde Mittel und Erotika, die die Verstorbenen bei ihm bestellt hätten. Die Adressen entnahm er den Todesanzeigen der Tageszeitungen. Der Brief enthielt die freundliche Aufforderung, die Rechnungen umgehend zu begleichen. Andernfalls drohe der Rechtsweg, was mit peinlicher Öffentlichkeit verbunden sei.

Doch die Witwen, denen die Trauer nicht den Verstand geraubt hatte, zeigten den einfallslosen Briefschreiber an. Und obwohl es damit beim versuchten Betrug blieb, ist der Richter am Bremer Amtsgericht, der A. verurteilt, empört: „Diese Straftat ist so schäbig und so gemein, daß man ins Grübeln gerät.“ Dem Angeklagten, der die Trauer der Hinterbliebenen und die Peinlichkeit solcher Briefe ausgenutzt habe, bescheinigte er einen „miesen Charakter“.

Seine „hohe kriminielle Energie“ hatte der Angeklagte etwa zu gleichen Zeit auch in Delmenhorst unter Beweis gestellt, wo er sich von Wohnungssuchenden Deponate auszahlen ließ — ohne tatsächlich eine Wohnung zu vermieten. Das Amtsgericht Delmenhorst verurteilte Thomas A. zu sechs Monaten auf Bewährung — obwohl er bei der Hauptverhandlung den Eindruck erweckt habe, „daß ihn sein Handeln mehr belustigte als erschreckte“. Der Bremer Richter folgte dieser Vorgabe und verband die beiden Urteile zu einem Gesamturteil: Neun Monate auf Bewährung. 3.000 Mark Wiedergutmachung muß Thomas A. an die Lebenshilfe für geistig Behinderte spenden. Der Angeklagte könne von Glück sagen, daß er nicht zuerst an ihn geraten sei, betonte der Bremer Richter: „Wenn das Amtsgericht Delmenhorst die Richtung nicht vorgegeben hätte, wäre hier in Bremen wohl kaum noch Bewährung herausgekommen.“ dir