: Lill: Kampagnen umsonst
■ Debatte nach Rostocker Krawallen / SPD-Chef fordert Anwendung des § 129a
Die Bremer Ausländerbeauftragte Dagmar Lill (SPD) erwartet, daß die demokratischen Parteien volksverhetzende Reden wie die der DVU-Abgeordneten am Dienstag im Parlament nicht zulassen. Sie fragt, warum es nicht „spontan zu einem Abbruch der Sitzung“ gekommen sei. dem CDU-Sprecher Ulrich Nölle sprach sie „jedes Gespür für politisches Verantwortungsbewußtsein“ ab. (vgl. taz 26.8.) Wörtlich meinte Lill: „Solange solche Reden von politisch Verantwortlichen gehalten werden, werden wir mit keiner Kampagne und Öffentlichkeits- sowie Informationsarbeit Fremdenängste und Fremdenfeindlichkeit erfolgreich bekämpfen können, im Gegenteil...“
Der SPD-Landesvorsitzende Horst Isola hat die Demonstranten von Rostock als „rechtsexrteme Kriminelle“ bezeichnet und die Anwendung des § 129a (Bildung einer Kriminellen Vereinigung“) gefordert. Untersuchungshaft sei auch dann möglich, wenn weder Flucht-noch Verdunklungsgefahr gegeben seien, meinte Isola. „Offenen Sympathiebekundungen“, die zu einer „Stärkung der terroristischen Gruppen führen können“, stünden ebenfalls unter Strafandrohung. Zügiges Handeln sei erforderlich, „andernfalls ist der innen- und außenpolitische Schaden für die Bundesrepublik Deutschland nicht mehr reparabel“.
Wer die bisher nicht erfolgte Änderung des Artikel 16 Grundgesetz mitverantwortlich für den
organisierten Terror machen, der begünstige die Gewalttaten gegen
Ausländer, erklärte Isola.
Die Bremer Senatorin für Kultur und Ausländerintegration, Helga Trüpel (Grüne), wies darauf hin, daß in Bremen das Dealen fest in der Hand von Schwarzafrikanern aus Nigeria sei. Weil viele Menschen diese Drogenhändler unüberlegt mit „den Ausländern“ in einen Topf steckten, sei das Ziel, Ausländer sozial und kulturell in Bremen zu integrieren, stark gefährdet. Ausländische Dealer müßten schnellstmöglich abgeschoben werden. Die grüne Senatorin hält zur Bekämpfung des Drogenproblems die kontrollierte Abgabe auch harter Drogen für zwingend notwendig. Außerdem müsse das Substitutionsprogramm erheblich ausgeweitet werden.
Gegendemonstrationen
Gruppen aus dem linken und autonomen Spektrum wie der „Antifa- Infoladen“, die GEB/DidF und der AStA der Universität verkaufen Karten für die bundesweit unterstützte Gegendemopnstration in Rostock am kommenden Samstag, voraussichtlich wird es auch in Bremen zu einer breit vorbereiteten Demonstration am Samstag kommen. K.W.
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