„Ich wollte niemanden verletzen“

■ Molotow-Cocktail explodierten vor Kneipe / Auländerhaß oder persönliche Rache?

„Ich wollte niemanden verletzten“, versicherte der 35jährige Andreas R. gestern vor der V. Großen Strafkammer des Landgerichtes Bremen. Versuchte schwere Brandstiftung und Verstoß gegen das Waffengesetz wirft die Staatsanwaltschaft ihm und seiner Freundin Petra Sch. (25) vor. In der Nacht zum 6. Oktober 1991 sollen beide mit drei anderen Männern insgesamt fünf Molotow-Cocktails vor eine von überwiegend türkischen Gästen besuchte Wirtschaft in Gröpelingen geworfen haben.

„Ich wollte nicht treffen und niemanden verletzten.“ Diese Aussage machte R. gestern gleich mehrmals. Er habe die türkischen Gäste nur „verängstigen“ wollen. Weil er auf die Sicherheit bedacht gewesen sei, sei er nach den Würfen sogar am Tatort geblieben. „Ich war bei der Wach- und Schließgesellschaft. Da haben wir gelernt, daß wir am Tatort bleiben müssen.“

Passiert war nach Darstellung beider Angeklagter Folgendes: Mit drei bekannten Männern, die die beiden Angeklagten am Vortag der Tat am Bahnhof kennengelernt hatten, besuchten sie die Gastwirtschaft für eine Partie Billard. „Plötzlich brüllt der Ede, –Deutschland den Deutschen, Ausländer –raus–“, berichtet Petra Sch.. Über die drei Männer ist wenig bekannt. „Stinknormale Typen“ (Andreas R.) seien das, aus Gotha. „Keine Nazis“.

Petra Sch. habe darauf gedrungen, die Wirtschaft nach diesem Zwischenfall zu verlassen, nicht ohne einen türkischen Gast noch um eine eine Zigarette anzuschnorren. „Alte Schlampe“ soll ihr ein Türke an den Kopf geworfen haben, „Kanakenschwein“ habe sie geantwortet. Es knallt die erste Ohrfeige, und Andreas R. kämpft für seine Freundin. „Zehn Türken“ hätten ihn niedergetreten und bis zur Bewußtlosigkeit geschlagen. „Die Türken haben nicht einmal einen Rettungswagen angerufen“, erzählt Petra Sch. „Ich habe gedacht, Andreas ist tot.“

Andreas R. wird ins Krankenhaus gefahren. Dort wird er versorgt und wieder nach Hause geschickt. „Waren Sie nicht stinksauer?“ will der Richter wissen. Nein, er habe den Türken nur Angst einjagen wollen, „aber passieren sollte da nichts“, beteuert R.. Petra Sch. macht nach der Tat bei der Polizei eine andere Aussage. „Er hatte so einen Haß auf die Türken, daß er ihnen die Bude in Brand stecken wollte.“ Diese Aussage verliest das Gericht. „Die Polizei hat mich damals unter Druck gesetzt“, erklärt Sch. dazu.

Die Idee, die Türken“ mit Molotow-Cocktails zu verängstigen, „war von mir“, gibt er vor Gericht zu. Das Benzin holen die fünf von einer Tankstelle, zwei große Cola-Flaschen und drei leere Bierflaschen dienen als Gehäuse. „Ich habe versucht, sie zurückzuhalten“, versichert Petra Sch. Mit den Brandsätzen ziehen die fünf vor die Kneipe, jeder wirft seinen Brandsatz, sie explodieren in einer Entfernung zwischen einem und acht Metern vor der Außenmauer.

„Wenn ich treffen will, dann treffe ich auch“, erzählt R. selbstbewußt. Ihm dient die Tatsache, daß die Molotow-Cocktails vor der Kneipe explodiert sind, als Beweis für seine Verteidigungs- Strategie vor Gericht. „Ich wollte niemanden verletzen.“ Mit Ausländerhaß habe das alles nicht zu tun gehabt, „die haben Petra geschlagen, und für Petra werde ich immer kämpfen.“ Er sei doch sogar am Tatort gebleiben, bis die Polizei eintraf. „Glauben Sie, ich bin so blöd, am Tatort zu warten, wenn ich eigentlich abhauen will?“ mad

Fortsetzungstermin: Mittwoch, 21.10. Landgericht, Raum 249, 10 Uhr