Grundstücke ins Finanzloch geschüttet

■ Haushaltslücke von einer Milliarde Mark wird nicht durch Bund gedeckt/ Finanzlage Berlins weiterhin angespannt

Berlin. Noch im Sommer hatte der Senat eine Verfassungsklage gegen den Bund angekündigt, wenn dieser nicht die Bundeshilfe für Berlin in der erforderlichen Höhe bereitstelle. Eine Milliarde Mark Differenz klaffte damals zwischen den Zusagen von Bundesfinanzminister Theo Waigel und den Forderungen der Stadt.

Diese Summe wurde zwar mittlerweile noch immer nicht überwiesen, doch an die Klageandrohung wollte der Senat nach seiner gestrigen Sitzung nicht so gerne erinnert werden. Die Haushaltslücke wird nun aus eigenen Kräften gestopft, bei der Verfassungsklage, so relativierte der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen die Ankündigung vom Sommer, dürfe man „nicht nur den Zeitraum 1993 sehen“. Entscheidend sei vielmehr die Grundposition, daß der Bund die Reduzierung der Bundeshilfe nicht in dem Maße vornehmen dürfe, wie beabsichtigt. Er erwarte, so präzisierte Finanzsenator Elmar Pieroth, daß der Abbau der Zuwendungen 1995 die Sechs-Milliarden-Mark-Grenze nicht unterschreite.

Die bislang fehlende eine Milliarde Mark will der Senat dadurch aufbringen, daß über das bisher vorgesehene Maß Grundstücke des Landes verkauft werden. Auf diese Weise hofft Pieroth 200 Millionen in die Landeskasse zu scheffeln.

Allerdings ist auch Diepgen klar, daß das, „was zur Deckung 1993 genutzt wird, später fehlt“. Weitere 200 Millionen Mark spart das Land ein, weil es die mittlerweile privatisierte Gasag nicht mehr subventionieren muß. Knapp 200 Millionen Mark müssen weniger an Zinsen gezahlt werden beziehungsweise fließen an Krediten zurück. Knapp 400 Millionen Mark werden durch Steuermehreinnahmen und Zuwendungen aus dem Fonds Deutsche Einheit aufgebracht. Zwar ist damit der Haushalt 1993 gedeckt, doch war sich Diepgen gestern sicher, daß die Schwierigkeiten 1994 und 1995 noch steigen werden. Für die dann zu erzielenden Steuereinnahmen sei entscheidend, wie sich die wirtschaftliche Entwicklung gestalte. Diepgen erwartet eine wirtschaftspolitische Durststrecke von zwei Jahren. Probleme sieht er im Niedergang der Industrie vor allem im Ostteil der Stadt. Dieser sei zum einen dem Abbau der Berlinförderung geschuldet, zum anderen dem Anstieg der Grundstückspreise und der Gewerbemieten.

Der Senat will diesem Prozeß entgegensteuern, indem er zukünftig die Umwidmung von Industrieflächen von der ausdrücklichen Zustimmung des Wirtschaftssenators abhängig macht. Zudem sollen, vor allem an kleinere und mittlere Betriebe im Osten, Grundstücke verbilligt abgegeben werden. dr