Genfer Bemühungen um Ex-Jugoslawien

■ Gemeinsame Erklärung der Präsidenten Jugoslawiens und Bosniens/ Treffen Cosić–Tudjman/ Konflikt um Belgrader Polizeigebäude entschärft

Genf (taz) - Vor dem Hintergrund fortgesetzter schwerer Angriffe der bosnischen Serben auf Sarajevo und andere von Muslimen oder Kroaten gehaltene bosnische Städte trafen in Genf am Montag abend die Präsidenten Rest-Jugoslawiens und Bosnien- Herzegowinas, Dobrica Cosić und Alija Izetbegović, zu Verhandlungen zusammen. Für gestern nachmittag war eine Begegnung Cosić' mit dem kroatischen Präsidenten Franjo Tudjman vorgesehen.

Laut einer gemeinsamen, allerdings nicht unterzeichneten Verlautbarung versicherte Cosić Izetbegović, sämtliche Kampfflugzeuge der bosnischen Serben seien inzwischen in Hangars in Banja Luka stationiert und würden nicht mehr eingesetzt. Der kommandierende General der UNPROFOR, Satish Nambiar, der an den gestrigen Genfer Verhandlungen teilnahm, konnte diese Darstellung nicht bestätigen. UNPROFOR- Soldaten sollen den Abzug der Flugzeuge nach Rest-Jugoslawien beobachten, dessen Beginn Cosić nun für Mitte dieser Woche ankündigte. Nambiar erklärte, der am 30. September zwischen Cosić und Tudjman vereinbarte Abzug aller Truppen Belgrads von der kroatischen Halbinsel sei termingerecht bis gestern abgeschlossen worden. Der UNPROFOR-General wollte jedoch nicht ausschließen, daß ein Teil dieser Soldaten mit ihren Waffen nicht – wie vereinbart – nach Rest-Jugoslawien abgezogen wurden, sondern nach Bosnien-Herzegowina zwecks Verstärkung der bosnischen Serben. Entsprechende Beobachtungen hatten Journalisten zu Beginn der letzten Woche gemacht. UNPROFOR- Soldaten überwachten den Abzug erst in den letzten fünf Tagen.

Fragen tauchten am Dienstag auch hinsichtlich einer anderen Passage der Verlautbarung auf. Darin heißt es, die beiden Präsidenten hätten „darin übereingestimmt, ihre Bemühungen um eine Normalisierung der Beziehungen zwischen den Republiken von Rest-Jugoslawien und Bosnien- Herzegowina zu intensivieren auf der Basis gegenseitiger Anerkennung“. Aus der Delegation Cosić' hieß es gestern, diesem Satz habe der Präsident bei den Verhandlungen am Montag abend nicht zugestimmt. Die ausdrücklich bekräftigte Anerkennung Bosnien-Herzegowinas würde Cosić in Konflikte mit dem bosnischen Serbenführer Karadzic bringen, der diese Anerkennung ablehnt und eine Aufteilung der Republik in drei ethnische Teilstaaten verlangt.

In Belgrad lenkte das jugoslawische Innenministerium im Machtkampf mit den serbischen Behörden vorerst ein. Innenminister Pavel Bulatović übersiedelte nach Angaben der Belgrader Nachrichtenagentur Tanjug mit seinem Amt in den Bundespalast, nachdem serbische Polizei das Gebäude seit Montag besetzt hielt und seither Mitarbeiter des Ministeriums am Betreten des Gebäudes hindert. Die Polizisten gelten als Gefolgsleute Miloševićs. Andreas Zumach