Humanitäre Hilfe ist tatsächlich Giftmüll

■ Hannoversche Firma lieferte 400 Tonnen Altpestizide nach Albanien

Hannover (taz) – Als „humanitäre Hilfe“ sind über 400 Tonnen nicht mehr gebrauchsfähige Pestizide aus DDR-Produktion in das notleidende Albanien „entsorgt“ worden. Die hochgiftigen Altpestizide, deren Beseitigung in der Bundesrepublik über 8.000 DM pro Tonne gekostet hätte, wurden von der in Hannover ansässigen deutsch-rumänischen Schmidt- Cretan GmbH als „humanitäre Hilfe für die Landwirtschaft“ nach Albanien geliefert. Nach Angaben der Umweltschutzorganisation Greenpeace stellte sich erst in Albanien heraus, daß die Pestizide schon in den Jahren 1985 bis 1987 in der DDR produziert und damit nicht mehr verwendungsfähig waren. Zumindest 44 Tonnen der Chemikalien, die jetzt an vier verschiedenen Orten in Albanien lagern, enthalten 3.000 Nanogramm Dioxin pro Kilo.

Den Recherchen von Greenpeace zufolge wurde der Giftmüllexport von der Joint-venture- Firma auf ganz offiziellem Weg eingefädelt. Die „Hilfslieferungen“, die im November letzten Jahres begannen, erfolgten mit Zustimmung der albanischen Botschaft in Bonn, des albanischen Landwirtschaftsministeriums und auch des Bundesamtes für Außenwirtschaft.

Doch auch nachdem Albanien sich im März dieses Jahres weitere Altpestizid-Lieferungen verbeten hatte, kamen dort noch drei weitere Giftmüllieferungen an. Zumindest ein großer Teil davon stammt aus Mecklenburg aus der Güstrower Niederlassung des „Schweriner Landhandels“. Deren Geschäftsführung bestätigte gestern, daß man mit der hannoverschen Schmidt-Cretan GmbH einen Kaufvertrag über 100 bis 120 Tonnen Pestizide aus DDR-Produktion abgeschlossen habe. Diese Pestizide seien auf dem Gebiet der Ex-DDR nur noch bis zum Ende dieses Jahres zugelassen, so Geschäftsführer Rese. Die Höhe der Summe, die die hannoversche GmbH für die Abnahme der Pestizide erhalten hat, wollte er aber nicht nennen. Jürgen Voges