Nach der Trauerfeier: Schläge am Flughafen

■ Türkische Demonstranten am Betreten der Charterhalle gehindert / Polizei: Sie wollten Abtransport der Särge stören

am Betreten der Charterhalle gehindert / Polizei: Sie wollten Abtransport der Särge stören

Die Trauerfeier für die drei Mordopfer von Mölln endete mit einem brutalen Polizeieinsatz am Flughafen, bei dem auch der Vater der 10jährigen Yeliz Arslan geschlagen wurde. Während die Innenbehörde das Verhalten der Beamten mit Notwehr rechtfertigt, sprechen Augenzeugen von einem grundlosen und brutalen Einsatz.

Mehrere hundert Türken waren im Autokonvoi nach Fuhlsbüttel gefahren, um von den Toten Abschied zu nehmen. Die Polizei versperrte ihnen den Zugang zur Charterhalle. Nach Schilderung der Beamten wurden drei Polizisten an der Absperrung von zwei Türken mit Transparentstangen geschlagen und in die Genitalien getreten. Außerdem hätten die Täter versucht, einen der Polizisten in die Menge zu ziehen. Dieses hätte nur durch einen kurzen Schlagstockeinsatz verhindert werden können.

Nach Abschluß der Veranstaltung habe man die mutmaßlichen Täter im Alter von 23 und 30 Jahren festgenommen, heißt es in der Mitteilung der Polizei. Dabei soll der 30jährige massiven Widerstand geleistet und einen Beamten zu Boden gerissen haben. Als etwa 15 Türken auf ihn einschlugen, hätte der Polizist einen Warnschuß in die Luft abgegeben.

Die Demonstranten widersprechen dieser Darstellung: „Wir haben die Polizei nicht angegriffen“, sagte Hülya Eralp vom Hamburger Verein Volkshaus der Türkei auf einer eigens am Sonntag einberufenen Pressekonferenz. „Ohne einen Grund anzugeben, hat die Polizei den Zugang zum Flughafen versperrt und wahllos auf uns eingeschlagen“. Dabei seien vier Menschen schwer verletzt worden.

„Sie haben am Eingang zum Flughafen mit Schlagstöcken von oben auf uns eingeschlagen. Vor allem die Beamten vom Bundesgrenzschutz“, berichtet Bahar Karagül. Sie hat ein Schleudertrauma, trägt eine Halskrause. Mülayin Huseyin, einer der beiden Festgenommenen, wurde am Auge verletzt. Auch er widerspricht der Polizei: „Ich stand in einer Menschenkette Brust an Brust vor der Polizei. Ich hatte gar keine Möglichkeit, jemand zu treten“. Er wurde in einem Privatauto von einem Zivilpolizisten verhaftet, in dem auch Kinder saßen. „Der Beamte hat ihren Augen seinen Revolver gezogen“, berichtet die Mutter eines der Mädchen.

Der Film eines unabhängigen Kamerateams bestätigt, daß es brutale Schlagstockeinsätze gab. Tontechniker Volker Zeigermann interviewte mehrere der Geprügelten,

1unter anderen den Vater des toten Mädchens. Die Betroffenen wollen Anzeige gegen die Polizei erstatten. Der Verein „Volkshaus der Türkei“ forderte gestern den Rücktritt von Innensenator Hackmann.

Schlimme Folgen hat die Be-

1hauptung des Innensenators, die Demonstranten gehörten den linksgerichteten Gruppierungen PKK und DEV SOL an und hätten den Abtransport der Särge verhindern wollen. Beides stimme nicht, sagen die Vertreter vom Volkshaus. Seit

1Sonnabend gibt es dort anonyme Drohanrufe von Türken. Huseyin: „Jetzt haben wir nicht nur Angst vor rechten Deutschen, sondern auch vor aufgebrachten Türken, die meinen, wir wollten die Ruhe der Toten stören.“ Vera Stadie