Kinder lieben Catchen

■ Catcher-Frühschoppen: Lasset die Kindlein zu uns kommen

Kinder lieben Catchen

Catcher-Frühschoppen: Lasset die Kindlein zu uns kommen

Das Catchen ist ein harter Sport. Kinder sind zu den Männerkämpfen nicht zugelassen, Jugendliche nur in Begleitung Erwachsener. Zu Recht, wenn man beispielsweise an den blutigen Kampf denkt, den sich letzte Woche der muskelbepackte Österreicher Franz Schuhmann und Fit Finley, irischer Publikumsfeind Nummer eins, lieferten, bei dem Finley den „Franzl“ gelassen-regelwidrig mehrmals mit dem Kopf gegen eine Ringstangen geschlagen und ihm dann noch mehrere Fußtritte verpaßt hatte, so daß einige ZuschauerInnen Schuhmanns verspritztes Blut als Trophäe auf ihren T-Shirts nach Hause tragen konnten.

Sonntag vormittag aber heißt es bei den Catchern: Lasset die Kinderlein zu uns kommen. Zum Catch-Frühschoppen gestern ist die Stadthalle 4 voll wie immer, aber die Hälfte der BesucherInnen sind tatsächlich Kinder, viele nicht mal zehn Jahre alt. Heute führen die Catcher nur Trainingsübungen vor, aber wenn der wackere Jugoslawe Zrno trotzdem von Schuhmann mit lautem Knall überkopf auf den Rücken geworfen wird, dann jubeln helle Stimmen auf, und Kinderfüße trampeln so laut wie sonst die Erwachsenen. Und als der alte „staatenlose“ Kauroff in den Ring tritt, nützt ihm seine schöne Perücke nichts, die er zur Tarnung über den Glatzkopf gezogen hat. Die Kleinen brüllen „Eierkopf! Eierkopf“ und sind sofort auf der Seite des „extravaganten“ Rip Rogers, dessen aufreizendes Hüftewackeln und Küßchenverschenken sie mit herzlichstem Beifall quittieren.

Sie sind sehr aufmerksam, die Kinder, bei der Einführung in grundlegende Catchertricks wie die Beinschere oder die gemeine Nackennervenklemme. Und einige von ihnen sind zugleich wahnsinnig ungeduldig, denn nach der Pause werden sie — selber kämpfen! Zuerst aber erobern sechsjährige Mädchen und Jungen den Ring und verwandeln ihn in eine Kinderdisko, als nämlich David Taylor, der Engländer mit der erotischen Bauchnabelturnhose, sein cooles Erkennungslied „Right on time“ aufspielen läßt. Ein seltsames Bild für diejenige, die schon soviel Schweiß und Blut im selben Seilgeviert hat fließen sehen.

Nach der Pause endlich können sich die kleinen Catcher zum Kampf stellen. Der übermächtige Otto Wanz macht den Ringrichter. Als erstes stürzen sich zwei Mädchen aufeinander, die sich recht geschickt gegenseitig mit Würgegriffen quälen, bis eine schließlich doch besiegt auf der Matte liegt und jappst. Daß die beiden überhaupt kämpfen durften, könnte ein Hinweis darauf sein, daß Frauencatchen in naher Zukunft etwas anderes als plumpe Männeraufreizerei werden könnte. Bisher war öffentliches Nachwuchscatchen nur für Jungen erlaubt.

Einige von den Knirpsen, die sich ordentlich in die schaumgummigepolsterten Ringecken stellen und darin fast verloren gehen, machen ihre Sache dann auch wirklich gut. Ein kleiner Braunhaariger wirft einen etwas größeren Blonden so geschickt immer wieder und wieder zu Boden, daß er als eindeutiger und beklatschter Sieger von Otto Wanz geehrt wird. Der Verlierer aber weint, herzzerreißend, und wird dabei auch noch fotografiert. Es bleibt dabei: Catchen ist ein harter Sport. Cornelia Kurth