Nicht in der Katastrophe versinken

■ Premiere im Concordia: „Übermütige Mädchen“, ein Irland-Stück. taz-Gespräch mit Regisseur Peter Kühn.

Am Sonntag ist Premiere: In Deutscher Erstaufführung wird das Stück „Übermütige Mädchen“ der schottischen Autorin Rosa Munro im Concordia-Theater gezeigt.

Das Stück zeigt den Alltag von vier Frauen im kriegszerstörten Irland der 70er Jahre. Die Ehemänner sind tot oder im Knast. Die Frauen erfinden für die Kinder heldenhafte Vaterfiguren, die den echten Vätern nicht mehr ähnlich sind. Sie tun es, weil die Kinder dann lächeln und glücklich sind und „das ist es, was uns alle zusammenhält, was mir die Kraft gibt, weiterzumachen“, sagt eine der Frauen. Natürlich kommt die Wahrheit über die Väter doch ans Licht.

Die taz sprach mit dem Regisseur des Stückes, Peter Kühn. Er hat unter Zadek in Hamburg gelernt und gearbeitet. Sein letztes Engagement war bei den Ruhrfestspielen in Recklinghausen.

Herr Kühn, wieso haben sie dieses Stück ausgewählt?

Peter Kühn: Ich bevorzuge die Auseinandersetzung mit aktuellen Themen. Wir jüngeren Regisseure sollten uns um neue Stoffe kümmern. Da auf dem deutschen Schreibermarkt wenig passiert, wandert der Blick automatisch in den englischen Sprachraum.

Das Stück von Rona Munro ist intelligent und mit Humor geschrieben. Die Frauenfiguren versinken nicht in den Katastrophen, die sie mit ihren Männern erlebt haben. Auch nicht im Kriegsgeschehen, das sich direkt vor ihren Haustüren abspielt. Diese Kraft im Umgang mit der täglichen Bedrohung gefällt mir.

Das Stück spielt in Irland. Haben Sie es im Hinblick auf das bremische Publikum verändert?

Nein. Das Geschehen kann überall so stattfinden. Mir ging es um die Charaktere und um ihre Bedrohung durch die Lebensbedingungen. Ich wollte die Menschen inszenieren. Ich glaube, daß es auf deren inneres Erleben ankommt. Den politischen Konflikt in Irland habe ich deshalb bewußt nicht in den Vordergrund gerückt.

Was kann dieses Stück dem Publikum bringen?

Es wird nie langweilig. Die vier Geschichten der Frauen sind so spannend, daß man gebannt ist. Wir haben versucht, das Flair und den Raum des Concordia- Theaters, optimal zu nutzen. Ein Sofa, zwei Sessel, das Publikum kommt dem Geschehen im Wohnzimmer und dem Erleben der Frauen ganz nahe. Da hat sich für mich der alte Traum von der leeren Bühne, den wohl jeder Regisseur träumt, fast verwirklicht.

Würden Sie gerne andere Stücke in Bremen inszenieren?

Ja, ich würde mich gerne daran beteiligen, den „Dornröschenschlaf“, in den das Bremer Theater über Jahre gesunken war, zu beenden. Der Brauhauskeller ist zum Beispiel ein Ort mit ungeheuer inspirierender Kraft. Das Problem ist, das der Raum nicht im Etat vorgesehen ist. Ein modernes Stück, „Oleanna“ von David Mamet, einem amerikanischen Autoren und Filmemacher würde ich da gerne inszenieren. Hier kennt ihn niemand, das hat er nicht verdient. Das Stück ist für zwei Personen und kostet fast nichts. Daran muß man ja auch denken. Fragen: Eva Rhode