„Grenzt an Musik“

■ Extrabreit dröhnte im Modernes: Nix für den Alt-Fan

Musiker

Nehmen Sie Ihre 5000-Watt-Boxen, zerschneiden Sie die Membranen, binden Sie ein Kissen davor und drehen Sie den Lautstärkeregler bis zum Anschlag. Dann haben Sie eine Vorstellung, mit welcher Sound-Soße, die oft zum puren Krach mutierte, die Deutschrocker von „Extrabreit“ am Dienstag abend das Publikum im Modernes malträtierten.

„Extrabreit“, das waren die Helden unserer Jugend. Als unsere großen Geschwister Häuser besetzten und sich mit den SEK's prügelten, lauschten wir Teenies den englischen Punkbands und

sangen analog auf deutsch „Hurra, hurra, die Schule brennt“ oder „Die Polizeieieiei“. Die Hagener waren laut, rockig, hatten witzige Texte und die Frechheit, gleich ihre erste Platte „Ihre größten Erfolge“ zu nennen. Sowas fanden wir gut.

Doch heute: au weia. Sound und Lautstärke wie ein startendes Düsenflugzeug, ein Geschrammel und Gewummere, daß selbst die wohlbekannten Texte völlig unverständlich sind. Die Band reißt ein Titel nach dem anderen ab, hetzt durch den Abend, immer schneller und schneller, bis sie sich eher anhört wie eine schlechte Vorort-Punk-Combo und nicht wie eine Vertreterin der ironischen Alten Deutschen Welle. Wenn man nicht versteht, ob deutsch oder englisch gesungen wird, wenn es am Klangbild nichts ändert, daß eine von drei Gitarren ausfällt, wenn über knapp zwei Stunden ein einheitlicher Lärmteppich ausgerollt wird, kann man da noch mit gutem Gewissen von „agressiven Rock“ statt von Lärm reden? Stimmung kommt im halbvollen Modernes nur bei den Rockversionen anderer Lieder auf: „Für mich soll's rote Rosen regnen“ von Hilde Knef oder dem guten alten Lufthansa-Song „Flieger, grüß mir die Sonne“.

Ein verschenkter Abend, ein mittlerer Hörschaden, und das für 28 Mark. Die Live-Platte der Extrabreiten von 1990 verriet schon im Titel geradezu prophetische Gaben: „Das grenzt schon an Musik“.

Bernhard Pötter