: Müllverbrennung, sprachlich vermieden
■ Streit um Bremer Restmüll: Gibt es Alternativen zur „thermischen Restverwertung“?
Müll oder nicht Müll — das ist in Bremen keine Frage mehr. Erwiesenermaßen kommt Bremen ohne eine Müll-Aufbereitungsanlage nicht aus. Bei der Frage, welcher Art diese Anlage sein soll — ob nun mit oder ohne „thermischer Restmüllverwertung“, sprich Verbrennung — scheiden sich die Geister.
Die FDP fühlt sich als Sieger der ersten Etappe, die SPD ist restlos im Zugzwang, und die Grünen sind plötzlich hellwach geworden. Nach dem Motto: Ham' wir doch schon immer gesagt, daß Müll verbrannt werden soll, jubeln die Freidemokraten über die bekanntgewordene Neigung des Staatsrats Uwe Lahl zum Müll-Verbrennen. In der Zeitschrift Natur (12/92) gab er in einem Kommentar zu verstehen, daß Müllverbrennung die beste Devise ist: „Die Debatte (um die Müllverbrennung) bringt keine technisch bessere Variante für die Verwendung von Restmüll als die Müllverbrennung.“
Lahl befürwortet zunächst grundsätzlich die Idee der Umweltbehörde für die geplante RABA (Restabfallbeseitigungsanlage). Dessen Entstehungsgeschichte ist vermutlich so: Als das Umweltressort eines Tages merkte, daß nach Schließung der MVA mehr Müll in Bremen übrigbliebe, als Kapazitäten der MBA in Bremerhaven frei seien, heckte man die RABA aus. „Den Müll, der übrigbleibt, nach Bremerhaven zu karren, das hat man sich aus den Kopf geschlagen“, sagt Adolf
hier die Mülltonnen
Sie sollen unsere Zivilisationsreste weiter zur Verbrennung fahren Foto: Vankann
Pösel vom Senator für Umwelt und Stadtentwicklung.
Das Szenario einer RABA wird in drei Varianten durchgespielt: erstens die biologische Behandlung, zweitens die biologische Behandlung plus einer teilthermischen Behandlung, und als dritte Variante die chemische Behandlung. Alle Varianten mit zusätzlicher Sortierung für Wertstoff. Dies seien drei gleichberechtigte Varianten, meint Pösel. Bei der thermischen Behandlung ginge es um eine „besondere thermische Behandlung, es ist nicht die traditionelle Feuerrostverbrennung“, erläutert Pösel. Durch die „thermische Behandlung“ wird also die Müllverbrennung umgangen, insbesondere sprachlich.
Beim Wort „Verbrennung“ tiriliert Magnus Buhlert von der FDP: „Es ist erfreulich, daß sich offenkundig an der Spitze des Umweltressorts eine pragmatische Sichtweise bezüglich der Behandlung des Restmülls durchsetzt.“
Was für den einen Grund zur Freude, ist für Elisabeth Hackstein von den Grünen Grund aufzuschreien. Hackstein sieht die Gefahr darin, daß die zweite Variante der RABA (inklusiv Verbrennung) ohne große Diskussion bevorzugt behandelt wird. In Zeiten, in denen noch nicht mal eine Bauschutt-Recycling-Anlage bei den BürgerInnen auf Verständnis stößt, ist nach Meinung Hacksteins eine Diskussion aller Alternativen erforderlich.
Umweltsenator Fücks hält sich vorsichtig heraus: „Bei unseren Plänen für die RABA handelt es sich also nicht — wie böswillig unterstellt wird — um den Neubau der MVA, sondern um den Versuch, eine technische Alternative zur Müllverbrennung zu realisieren.“ Eine Entscheidung über eine der RABA-Techniken wird erst im August fallen.
Bei einer Entscheidung für die neue Verbrennungsanlage, so befürchten die Kritiker, wird der Druck von der bremischen Müll- Behörde genommen, die getrennte Wertstoffsammlung möglichst schnell voranzutreiben. Bremen ist derzeit gegenüber anderen Kommunen einige Jahre im Rückstand. Vivianne Agena
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