Ostermarsch-betr.: "Wo sind nur all die Friedensfreunde hin?", taz vom 13.4.93

Betr.: „Wo sind nur all die Friedensfreunde hin?“,

13. 4. 1993

Offenbar war Euer mathematisch vorgebildeter Reporter zu faul, zum Ostermarsch zu gehen, und begnügte sich stattdessen mit dem Kundgebungsrest.

Daß der taz (insbesondere Hamburg) der Ostermarsch ein Dorn im Auge ist, - meinetwegen! Schließlich gibt es alle Jahre das gleiche Spiel: Erst eine winzige Fußnote zur Ankündigung, während jeder Pups der Kulturschickimicki auf Seitenbreite ausgewälzt wird. Danach in voller Breite darüber, wie wenig, wie schwach der Ostermarsch, Latschdemo, Ritual, usw.

Aber was ich von der taz verlangen kann, ist Information, und da genügt es nicht, in letzter Minute auf die Kundgebung zu schleichen und den Taschenrechner zu betätigen, da wird die Halbwahrheit ganze Lüge.

Daß die Friedensbewegung auf den Brustwarzen spaziert, stimmt zwar. Aber dieses geheuchelte Interesse, das dann im Kommentar zu Falschmeldung zugelegt wird, ist schon reichlich übel. Was Euch an der Friedensbewegung stinkt, ist doch, daß sie überhaupt eine ist. Sie soll sich doch gefälligst an den von Euch mitproduzierten Zeitgeist anpassen (von wegen Analyse!). Aber was soll's? Eine Kriegsbewegung gibt es ja schon: Von der Welt bis zu Teilen der taz, von der CSU bis zu Teilen der Grünen.

Ja, wenn wir da mitspielen würden, wären wir wieder wer, was? Und die Politpromis von SPD und GAL (!) würden dann auch wieder in der 1. Reihe rumgrinsen, als hätten sie's organisiert, was?! Nur eines wären wir sicher nicht: eine Friedensbewegung. Es grüßt schön grimmig Herbert Schmidt