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Ich, die Dispo-Queen!

Die Einzelne kann gegen den schnöden Verwaltungsapparat nichts ausrichten? Ha! Sogar unsere Deutsche Bundespost, Abteilung Postbank, läßt sich mit solch einfachen Mitteln wie Ignoranz und Hartnäckigkeit aushebeln. Einfach so.

Seit vier Jahren besitze ich ein Girokonto beim Gelben Riesen. Dreieinhalb Jahre lang wagte ich es nicht — puritanische Erziehung einer Finanzbeamtentochter — auch nur einen Pfennig mehr abzuheben als drauf war. Doch dann, vor einem guten halben Jahr, es geschah am EC-Automaten an der Hauptpost: ich gab die Zahl 200 ein. Wo doch nur noch 50 Mark drauf waren! Würde eine Alarmglocke losgehen? Würde die Karte auf Nimmerwiedersehen im Schlitz verschwinden? Würde ich geteert und gefedert werden?

Nichts dergleichen geschah, verstohlen steckte ich das Geld ein und entkam unerkannt. Die Kontoauszüge sahen aus wie immer: DM 400. DM 645,93. Bis auf den kleinen Strich dahinter. Es hat was. Dann die Ernüchterung.

„Sehr geehrte Kundin, Ihr Konto ist seit geraumer Zeit überzogen. Bitte gleichen Sie Ihr Konto aus. Bis dahin können wir weitere Aufträge leider nicht durchführen. Ihre Postbank.“

Gesperrt! Mein Konto gesperrt!! „Ja, hast du denn keinen Dispo“, lautet die gelangweilte Frage von Freundinnen. Dispo? Mir, der schon die Euroschecks verweigert wurden? Ich also gleiche brav mein Konto aus. Und überziehe wieder. „Liebe Kundin, Ihr Konto ist seit geraumer Zeit.. gleichen Sie.. Bis dahin...“

Ich reiße mich zusammen, eine Weile. Dann: Abermals dieses Gefühl am Automaten, wenn frau weiß, welche Prozesse sie in Gang setzt... Ungefähr fünf Tage wird es dauern bis zum nächsten Postbrief. Heute morgen. Der vertraute graue Recyclingumschlag im Briefkasten. Die routinierte Handbewegung der Wissenden beim Öffnen.

„Sehr geehrte Kundin, wir freuen uns, Ihnen die Einräumung eines Dispolimits von 1.000 Mark mitteilen zu können. Mit freundlichen Grüßen, Ihre Postbank.“ Darunter ein Vermerk: „Dispo befristet genutzt seit 15.4., DM 0,70-„. Hartnäckigkeit siegt. Susanne Kaiser

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