„Die haben uns behandelt wie Schwerverbrecher“

■ Polizeiübergriffe gegen Ausländer: Ägypter wurde in seiner Wohnung bewußtlos geschlagen / Hintergrund: Streit um Umgangsrecht mit der sechsjährigen Tochter

Tempelhof. Eine Halskrause um einen teilweise abgebrochenen Halswirbel herum erinnert den ägyptischen Diplomingenieur Magdy H. (35) immer noch an den vergangenen Ostersonntag. An jenem Vormittag, so berichtet er, sei er von plötzlichem Lärm in seiner Wohnung aufgewacht. Da seien schon 20 Polizisten vor der Tür gestanden. Ohne zu sagen, worum es ging, seien mehrere Beamte in die Wohnung gestürmt, hätten ihn gegen den Gasherd geworfen und auf ihn eingeschlagen, bis er kurzzeitig das Bewußtsein verloren habe. Die ärztlich attestierten Folgen: Verlust eines Zahnes, Prellungen, Quetschungen, Bewegungsunfähigkeit des Halses, Schlaflosigkeit und Angstzustände. Der bei Mercedes-Benz beschäftigte Ingenieur ist immer noch krankgeschrieben.

Hintergrund der Geschichte: ein Streit vor dem Familiengericht. Die erste Ehe des Ägypters mit einer Deutschen endete 1987 mit Scheidung, das Sorgerecht für die mittlerweile sechsjährige Tochter Marie wurde der Mutter zugesprochen. Inzwischen hat der Ägypter erneut eine Deutsche geheiratet, mit der er ebenfalls eine Tochter hat. Nach langem Streit mit seiner Ex-Frau um das Umgangsrecht mit seinem Kind entschied das Familiengericht im letzten Jahr, daß er Marie zweimal im Monat am Wochenende sehen dürfe. Außerdem dürfe er sie an den islamischen Feiertagen bei sich haben, damit „Marie die Möglichkeit erhält, langsam und in kleinen Schritten den Kulturkreis ihres Vaters kennenzulernen“. Die christlichen Feste wiederum solle das Mädchen bei der Mutter verbringen. Daß auch Ostern darunter fällt, daran dachte Magdy H. nach seinen Angaben nicht. Jedenfalls holte er am Samstag davor „wie üblich“ die Tochter ab. Als sie am Sonntag immer noch bei ihm war, ging seine Ex-Frau zur Polizei und stellte Strafanzeige wegen Kindesentzugs.

Das aber, so der Ägypter, hätten ihm die Polizisten nicht einmal mitgeteilt. Nur den Satz: „Du wirst schon noch erfahren, was wir wollen.“ Auch seine ihm zu Hilfe eilende Frau habe noch Hiebe abgekriegt. „Wir hatten noch nie etwas mit der Polizei zu tun“, beteuert diese, immer noch geschockt. „Und die haben uns behandelt wie Schwerverbrecher.“ Als die Polizei unter Mitnahme der kleinen Marie schließlich abgezogen war, ging auch das Ehepaar zum nächsten Revier, um Anzeige zu erstatten. Just jene Beamte, die ihn verletzt hatten, waren ebenfalls anwesend. Sie hätten sich über ihn lustig gemacht und ihn vor seiner Frau bloßzustellen versucht, beklagt sich der Mann. Am Ende habe man ihm ein Papier in die Hand gedrückt, aus dem hervorging, daß die Polizei ihn selbst wegen Widerstandes und Beleidigung angezeigt hatte. Entnervt wandte sich das Paar an ein Polizeirevier in Lankwitz. Die Beamten dort, berichtete die Frau, seien sehr freundlich gewesen und hätten endlich ihre Anzeige wegen Körperverletzung im Amt entgegengenommen.

Doch noch immer wirkt Magdy H. recht niedergeschlagen. Nicht nur wegen der Schmerzen und wegen des Ermittlungsverfahrens gegen ihn, sondern „vor allem“ wegen eines neuerlichen, bislang allerdings nur vorläufigen Beschlusses des Familiengerichts: Weil die Kindesmutter das Kind per Polizei habe holen müssen, dürfe der Vater es gar nicht mehr sehen.

Die Polizei wollte keine Stellungnahme zu dem Vorfall abgeben und verwies auf die Staatsanwaltschaft. Dort aber war der Vorgang noch nicht eingetroffen. Ute Scheub