: Moksels Geldwäsche in der Schweiz
■ Transit-Schleuse hinter den Appenzeller Bergen
Berlin (taz) – Die gemeinsamen Durchstechereien des Allgäuer Fleischkonzerns Moksel und des ehemaligen DDR-Devisenimperators Alexander Schalck-Golodkowski im ehemaligen innerdeutschen Handel haben eine lange Tradition. Sie gehen offenbar bis in die 70er Jahre zurück. Dies geht aus Unterlagen des Zentralkomitees der SED hervor. So findet sich in den ZK-Akten etwa ein Vermerk Schalck-Golodkowskis über ein „streng vertrauliches Gespräch mit Vertretern der Firma Alexander Moksel, Vieh- und Fleischimport München/Buchloe“ vom 19. April 1976. Bei dem Geheimtreff wurde über 10.000 Tonnen Schweinefleisch verhandelt, welche die Schalck-Firma Zentralkommerz von Moksel aus der BRD beziehen und nach Polen weiterexportieren wollte. Das Geschäft hatte allerdings einen Haken: Für die Lieferungen im innerdeutschen Handel hätte Moksel keine Ausfuhrsubventionen kassieren können.
Doch Moksel und Schalck fanden eine Lösung: „Im Interesse des Geschäftes, d.h. um die Ausfuhrerstattungen und den Währungsausgleich zu sichern“, notierte der Umgehungsroutinier Schalck, „ist es notwendig, die Ware aus der BRD über eine Firma in der Schweiz zu liefern.“ Für Exporte in das Nicht-EG-Land Schweiz konnten EG-Ausfuhrerstattungen kassiert werden. Bei dem Umweg über die Schweiz muß es sich zwangsläufig um ein reines Täuschungsmanöver auf dem Papier gehandelt haben: denn Recherchen der taz ergaben, daß die Schweiz in jenem Jahr überhaupt kein Schweinefleisch einführte.
Der Verdacht liegt nahe, daß sich Moksel eigens für solche Papiermanöver eine Briefkastenfirma hielt: die Firma Allmeat AG. Ihr wirtschaftlicher Zweck ist schwer auszumachen. Sie residiert in dem kleinen Dörfchen Speichern im Kanton Appenzell in einem Einfamilienhaus und geriet bereits mehrmals ins Visier der Ermittlungsbehörden.
Für Irritationen sorgten bei den Fahndern Geldumlaufspielchen der folgenden Art: Am 19. September 1989 weist die Münchner Hypobank im Auftrag Moksels die Main Trust Bank in New York an, 724.437 US-Dollar und 72 Cent auf das Konto Nr. 519-85-011-022 bei der Deutschen Handelsbank (DHB) in Ostberlin zu überweisen. Das Konto wurde dort für den DDR-Außenhandelsbetrieb Nahrung geführt, einen langjährigen Moksel-Partner. Am 22. September gehen die Dollars bei der DHB ein. Doch schon drei Tage später, am 25. September 1989, wird exakt dieselbe Summe im Auftrag des AHB Nahrung wieder in die USA zurückgeschickt: Auf das Lorokonto 215.044 beim Schweizerischen Bankverein in New York. Als Verwendungszweck wird schlicht „Rücküberweisung“ angegeben. Begünstigter der „Rücküberweisung“ ist die Firma Allmeat AG in der Schweiz – der Briefkastenableger Moksels hinter den Appenzeller Bergen. Warum muß Moksel, um eine dreiviertel Million Dollar an die eigene Tochterfirma, von einem Konto in New York auf ein anderes Konto in New York, zu überweisen, den umständlichen Bankenkanal via Ostberlin einschlagen? Gute Frage! Thomas Scheuer
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