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: Notwehr?

■ George P. Fletcher: "Notwehr als Verbechen. Dr U-Bahn-Fall Goetz"

Kein Land kennt eine solch private Bewaffnung wie die USA. Jede/r kann frei Waffen erwerben, entsprechend gewalttätig finden soziale Konflikte ihre oft blutige Entladung. So auch am 22. Dezember 1984, als der Weiße Bernhard Goetz in einem New Yorker U-Bahn- Wagen auf vier schwarze Jugendliche schießt, von denen er sich bedroht fühlt. Amerika ist aus dem Häuschen: Endlich entsteigt eine mythische Gestalt dem Dschungel der großstädtischen Angst und wird zum Rächer. Erst zwei Jahre später beginnt der Prozeß. Goetz nimmt für sich das Recht auf Notwehr in Anspruch, konkurriert also mit dem staatlichen Gewaltmonopol. Autor George P. Fletcher, selbst Jurist, beschreibt nicht nur die öffentlichen Diskussionen rund um den Prozeß (die Dimension des Rassismus), sondern die Besonderheiten des amerikanischen Rechtssystems (besonders die Dynamik des Adversary-Systems und die herausragende Rolle der Geschworenen) – bis zum Verdikt der Jury: „nicht schuldig“. Kein Prozeß-Krimi, doch angesichts der Schwere der Materie erstaunlich dynamisch geschrieben.

George P. Fletcher: „Notwehr als Verbrechen. Der U-Bahn-Fall Goetz“, edition suhrkamp 1648, 1993, 341 Seiten, 22 DM