Tarifbruch, Sozialabbau: »Auf auf zum Kampf ...«

Helmuth Diekwisch, Chef der DGB-Arbeitslosen, fand es — angesichts des Bonner Sozialabbaus, dem Kahlschlag in der Weiterbildung und dem Tarifvertragsbruch im Osten — ein wenig unangemessen, daß der DGB-Lautsprecherwagen die 10 000 TeilnehmerInnen der traditionellen 1. Mai-Demo nur mit Samba-Klängen berieselte — wenngleich die heißen Rhythmen den sommerlichen Temperaturen entsprachen: „Habt ihr denn keine richtigen Arbeiterlieder, das ist doch Tanz-Musik“, zischte er die DGB-Frau im Auto an. Die Entschuldigung: „Wir haben die Kassette nicht mehr gefunden.“

Einige hundert Meter weiter beherrschten dann doch alte Traditionen die Szenerie, spielte eine Schallmaienkapelle Arbeiterlieder und erneuerte den Kampfesschwur auf Karl Liebknecht und Rosa Luxenburg: „Auf auf zum Kampf, zum Kampf sind wir gebohren ...“

Diese Formel werden die Gewerkschaften auch einhalten müssen, wollen sie den Angriffen von Kapital und Regierung standhalten. Kämpferisch daher auch die Rede von Hamburgs DGB-Chef Erhard Pumm.

Angesichts des heutigen Streikbeginn in der ostdeutschen Metallindustrie ermahnte er die Unternehmner, den „Rechtsbruch rückgängig“ zu machen. Und DGB-Landes–Vize-Chefin Karin Roth setzte drauf: „Wer mit der Tarifautonomie pokert, ist ein gesellschaftlicher Brandstifter.“ Pfiffe quittierte Karin Roth für ihre Äußerung zur Ausländerpolitik: „Jeder von uns weiß, daß Deutschland allein nicht in der Lage ist, alle die zu uns kommen wollen, sei es aus politischen oder ökonomischen Gründen, aufzunehmen.“

Kai von Appen