Seltsame »Knopfaffäre«

Dubioses Verfahren gegen eine bekannte Hamburger  ■ Strafverteidigerin

Noch vor wenigen Wochen paukte die Anwältin Ursula Erhardt im „Itzehoer Plattenlegerprozeß“ ihre Mandanten heraus, entlarvte die Anklage als „Hamburger Staatsschutzlüge“. Nunmehr sitzt die Juristin selbst auf der Anklagebank, weil der Staatsschutz sie mit einer fadenscheinigen Anklage überzieht.

Ursula Erhardt war am 7. Oktober 1991 gegen ein Uhr morgens zum Punkhaus in die Lobuschstraße gerufen worden, als gerade Polizisten Festnahmen durchführten. Das Begehren der Anwältin, das Haus betreten zu dürfen, wurde von den im Eingang postierten Polizisten abgelehnt. Im Verlauf der Polizeiaktion kam es dann zu einer Rangelei, in der der Polizist P. gepackt wurde, jedoch dem „Angreifer“ einen Kinnhaken versetzte.

Die Besatzung von „Peter 23/3“ — nämlich P. und Kollege Thomas S. — fertigten nach dem Einsatz eine Strafanzeige wegen Körperverletzung, Widerstand und Sachbeschädigung. Sachbeschädigung, da P. einen Knopf seiner Jacke verloren hatte. Nachdem die Akten Tage später beim Staatsschutz gelandet waren, nahm das Verfahren einen seltsamen Lauf: Plötzlich wurde aus der „untersetzten männlichen Person“ die Rechtsanwältin Ursula Erhardt, die nun laut „Zusatzbericht“ von Polizist P. ihn „angesprungen“ und an der „Jacke gepackt“ hat, bis er die zierliche Juristin zu Boden schleudern konnte. Die Politabteilung der Staatsanwaltschaft bauschte die „Knopfaffäre“ gegen die juristische Kontrahentin weiter auf, ordnete eine ED-Behandlung für die Anwältin und weitere Ermittlungen an. Anwalt Peter Tode gestern ironisch: „Da läßt die Staatsanwaltschaft 17 Zeugen auffahren, wo es um einen Knopf geht.“ Doch gesehen hat niemand etwas. Auch der Kollege Thomas S. nicht, der, so gestern vor Gericht, „so etwas eigentlich hätte sehen müssen“. Ursula Erhardt: „Ich habe weder einen Polizisten angefaßt noch bin ich zu Boden gegangen.“ Für die Juristin ist der Fall klar: „Das Verfahren ist ein Angriff auf uns Strafverteidiger.“ Kai von Appen