CDU-Gründungsparteitag im Sommer?

■ Rechtlicher Status der Union umstritten / Kein Verein mehr, aber auch noch keine Partei / Fischer, was nun?

/ Fischer, was nun?

In Hamburg gab es bis vor kurzem die „Christlich-Demokratische Union, Landesverband Hamburg e.V.“ Einen Landesverband der „Christlich Demokratischen Union Deutschlands (CDU)“ gibt es in der Hansestadt bis heute nicht.

Der Grund dafür ist wieder einmal das Gemauschel der Partei-, genauer der Vereinsfürsten. Am 23. Juni 1975 beschlossen die Christdemokraten auf ihrem Bundesparteitag, daß binnen einer Zweijahresfrist sämtliche Satzungen der Landesverbände der Bundessatzung zu entsprechen haben. Wer sich nicht daran hielt, waren die Hamburger. Ein Jahr nachdem der Parteitagsbeschluß hätte umgesetzt sein müssen, forderte der inzwischen verstorbene Bürgerschaftsabgeordnete Martin Müller im Oktober 1978, nun endlich die Satzung des Hamburger Vereins an die Bundessatzung der CDU anzupassen. Denn die Hamburger Satzung war ein Unikum und durch Welten von der Bundessatzung getrennt. Wenige Tage später antwortete der Immernoch-Bürgerschaftsabgeordnete Martin Willich, der sich als damaliger Justitiar des Hamburger CDU-Landesverbandes wähnte, die Hamburger Union sei ein satzungsautonomer Verein, und die Bundespartei könne ihm mal.

Wenn sich heute die Unions- Häuptlinge Jürgen Echternach und Dirk Fischer hinstellen und angesichts des Verfassungsgerichtsurteils lamentieren, das Gericht sei ein Kampftrupp der Sozis, außerdem wären die undemokratischen Strukturen der Hamburger Union in den vergangenen vier Jahrzehnten anstandslos akzeptiert worden, dann nur, um abzulenken. Vor drei Jahren war es, als ein Hamburger Unionsmitglied stutzig wurde. Laut seinem Parteiausweis gehörte er der CDU Deutschlands an. Von den Briefbögen, die er von seiner Partei erhielt, grüßte aber ein christlich-demokratischer Verein in Hamburg.

Neugierig geworden, brachte ein Blick in das Vereinsregister beim Amtsgericht die Bestätigung. Die Hamburger Union als „eingetragener Verein“ hatte tatsächlich mit der CDU nichts zu tun. Per „Gerichtvollzieherzustellung“ wurde dieser Sachverhalt im August 1990 sogar dem Big Boss Helmut Kohl mitgeteilt.

Inzwischen hat Willich die Eintragung im Vereinsregister löschen lassen. Dem Hanseatischen Oberlandesgericht (OLG) genügte dafür der Beschluß einer Delegierten- Versammlung. Durch diese Löschung ist die Hamburger Union

1heute ein sogenannter „nicht rechtsfähiger Verein“. Der OLG- Spruch, der zwei gegenteilige Urteile aufhob, ist unter Juristen umstritten. Ein Teil vertritt die Meinung, bei einem „nicht rechtsfähigen Verein“ haftet jedes Mitglied

1mit seinem gesamten Privatvermögen für Schäden, die vom „Verein“ angerichtet werden. Gerade deshalb müsse eine Löschung im Vereinsregister von allen Mitgliedern beschlossen werden. Dies ist bei der Hamburger Union nicht ge-

1schehen. Schlimmer noch, statt über Satzungsänderungen zu diskutieren, müßte bei der Hamburger Union vor der kommenden Bürgerschaftswahl an erster Stelle ein Gründungsparteitag stehen. Norbert Müller