Ein Chefarzt als Gesundheitsrisiko?

■ Vorwurf gegen Gynäkologen: Organentnahme angeblich ohne das Einverständnis der Patientin

angeblich ohne das Einverständnis der Patientin

Wieder ein Gerichtsverfahren gegen den Chefarzt der Frauenklinik Johnsallee, Hans-Joachim F. Der Gynäkologe soll einer 55jährigen ohne Genehmigung mehrere Organe entfernt haben. Gestern platzte vorerst der Schadensersatzprozeß vor dem Landgericht: Das Gericht hatte vergessen, Dr. F. zu laden, und seine Anwältin hatte die Behandlungsakten nicht dabei.

Die Klägerin hatte sich in Behandlung begeben, weil sie unter leichter Inkontinenz (Blasenschwäche) litt. Dr. F. empfahl laut Klage einen chirurgischen Eingriff, den er am 9. Januar 1991 in seiner Klinik selbst vornahm. Anwalt Wilhelm Funke: „Meine Mandantin wurde nicht auf die Risiken hingewiesen.“ Als die Patientin wieder aus der Narkose erwachte, soll F. ihr mitgeteilt haben, daß er im Verlauf der Operation gleich den Blinddarm mit entfernt habe, der „entzündet“ gewesen sei.

Bereits während der stationären Behandlung tauchten Komplikationen auf. Die Wunde eiterte aufgrund einer Infektion: Notoperation. Und damit nicht genug: Die Inkontinenz dauerte an, so daß sich die Frau in den folgenden Jahren drei Revisionsoperationen unterziehen mußte. Dabei sollen die Ärzte festgestellt haben, daß ihr Kollege Dr. F. seiner Patientin nicht nur den Blinddarm, sondern auch gleich die Eierstöcke mit entfernt hatte. Für Funke ist das eine „Verletzung des Selbstbestimmungsrechts“, zudem habe seine Mandantin einen erheblichen „materiellen Schaden“ erlitten. Denn seit der Operation in der Frauenklinik Johnsallee leidet die Frau unter Unterleibsschmerzen; die Inkontinenz hat sich so verschlimmert, daß die Patientin jetzt Frührentnerin ist.

Dr. Hans-Joachim F. weist die Vorwürfe zurück: „Wir haben die Frau über alle Risiken aufgeklärt.“ Weil der Patientin bereits vor Jahren die Gebärmutter herausoperiert worden war, habe er vor dem Eingriff ihr Einverständnis eingeholt, zur Krebsvorbeuge die Eierstöcke mit zu entfernen. F. ohne jeglichen Selbstzweifel: „Das hat sie auch unterschrieben. Ich sehe daher dem Verfahren gelassen entgegen, ein Behandlungsfehler liegt nicht vor.“ Es ist nicht das erste Mal, daß dem Chefarzt Fehler vorgeworfen werden. Bereits mehrfach mußte der Gynäkologe Schmerzensgeld zahlen oder es wurden ihm vom Landgericht „grobe Behandlungsfehler“ attestiert. Kai von Appen