: Männliche Brutalität - häufig verharmlost
■ Autonome Frauenhäuser: Polizei, soziale Dienste und Gerichte glauben mißhandelten Frauen nicht / Gesetze unzureichend
: Polizei, soziale Dienste und Gerichte glauben mißhandelten Frauen nicht / Gesetze unzureichend
Das Ausmaß männlicher Brutalität gegen ihre Partnerinnen übersteigt häufig auch die Vorstellungskraft derjenigen, die den Opfern der Gewalttaten eigentlich helfen sollten. „Wir erleben es immer noch, daß den Frauen einfach nicht geglaubt wird“, klagten gestern Vertreterinnen der autonomen Frauenhäuser Hamburgs. Grausamer Beleg: Vor wenigen Wochen tötete ein Vater in Lurup zwei seiner drei Kinder. Zuvor hatten weder Richter noch soziale Dienste die Aussagen seiner Frau, die wegen seiner Mißhandlungen ins Frauenhaus geflohen war, ernst genommen. Trotz ihrer Beteuerungen, daß ihr Mann auch gegen die Kinder gewalttätig sei, hatte das Familiengericht die Kinder vorläufig dem Vater zugesprochen.
Für die Mitarbeiterinnen der Frauenhäuser der Beweis, daß männliche Gewalt gegen Frauen öffentlich immer noch totgeschwiegen oder verharmlost wird. Diese Linie ließe sich von der Polizei, über die Berater der Sozialen Dienste bis zu den Gerichte ziehen. So das Verhalten von Polizisten, die in einer konkreten Gewaltsituation von Frauen zur Hilfe gerufen werden: Sie neigen nach den Erfahrungen der Frauenhaus-Mitarbeiterinnen immer noch dazu, männliche Prügelorgien als „Familienzwistigkeiten“ abzustempeln und nicht einzugreifen. Statt die Gewalttäter aus der Wohnung zu entfernen, beließen sie es häufig bei Mahnungen. Diese Situation der unterlassenen Hilfeleistung werde besonders häufig von Immigrantinnen erlebt.
Auch bei den sozialen Diensten werde häufig versucht, die Schilderungen der betroffenen Frauen zu verharmlosen. Dementsprechend ungünstig fielen dann auch ihre Protokolle für die Frauen aus, die in einem Gerichtsstreit aber von großer Bedeutung sein können. Die Gerichte lassen sich laut Ansicht der autonomen Frauenhäuser oft unnötig lange Zeit, Frauen mit ihren Kindern die eheliche Wohnung zuzuweisen. Zu ihren Ungunsten werde ihnen absurderweise auch ausgelegt, wenn sie Unterschlupf in einem Frauenhaus gefunden hätten. Im Fall des Luruper Mörders hatte das Gericht sogar befunden, daß die Kinder besser bei ihrem gewalttätigen Vater als im Frauenhaus aufgehoben seien.
Auch die bestehenden Gesetze würden zum Schutz der Frauen nicht ausreichen. Aus diesem Grund fordern die Frauenhäuser, daß Gewalt gegen Frauen zum Offizialdelikt erklärt werde und Vergewaltigung in der Ehe zum Straftatbestand erhoben werden müsse. Auch dürften Kinder niemals dem Mißhandler zugesprochen werden. Gewalttätige Männer sollten überdies der Wohnung verwiesen und diese grundsätzlich den Frauen und ihren Kindern zugewiesen werden. sako
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