Roma harren in Neuengamme aus

■ KZ-Gedenkstätte weiter abgeriegelt / 150 Roma bauten Zeltstadt auf nahegelegenem Feld / Polizei und Politiker warten ab

/ 150 Roma bauten Zeltstadt auf nahegelegenem Feld / Polizei und Politiker warten ab

Jetzt beginnt das Warten für sie: Etwa 150 Roma setzten gestern ihre Mahnwache vor der Gedenkstätte des ehemaligen KZs in Neuengammme fort, nachdem sie dort die Nacht in einem improvisierten Zeltlager verbracht hatten. Am Sonntag war die vom Roma National Congress (RNC) geplante Besetzung der Gedenkstätte auf Geheiß der Hamburger Kulturbehörde von 500 Polizisten verhindert worden. Sie sollte anläßlich des 53. Jahrestags der ersten Deportation von Roma und Cinti in Vernichtungslager stattfinden. Rund 50 Roma, die sich illegal in Deutschland aufhalten, wichen wegen des Verbots in den Süden aus, sie halten nun das KZ-Gelände in Dachau besetzt.

In Neuengamme richten sich die Roma-Familien derweil auf einen längerfristigen Aufenthalt ein. 30 Zelte wurden auf dem Feld in 300 Metern Entfernung vom KZ-Gelände aufgebaut. Die Polizei hat die Gedenkstätte weiterhin hermetisch abgeriegelt, Bereitschaftspolizei aus Unna wurde zur Verstärkung an die Elbe verlegt.

Auf der politischen Ebene bewegt sich jedoch wenig. Das Diakonische Werk (DK) wollte noch am Abend einen Vertreter nach Neuengamme entsenden - am Sonntag hatte Hamburgs Bischöfin Maria Jepsen zur Solidarität mit den Roma aufgerufen. DK-Chef Stefan Reimers hegt Hoffnung: „Wir wollen ausloten, welche Möglichkeit es gibt, daß die Bundesregierung den Forderungen der Roma entgegenkommt.“ Der RNC wollte mit der spektakulären Aktion „Fluchtburg Konzentrationslager“ ein Bleiberecht für verfolgte Roma aus Jugoslawien erreichen und ihre Behandlung gemäß der Genfer Kovention durchsetzen.

Der Vorsitzende des Hamburger Roma-Verbands, Rudko Kawzcyinski, hat jetzt mit einem „unbefristeten Hungerstreik“ begonnen. Er forderte den Senat gestern erneut auf, den „Überlebenden des Holocaust und ihren Nachfahren“ den Zutritt zum KZ-Gelände zu gestatten. „Es ist unmenschlich, Polizisten und Roma aufeinander zu hetzen. Die Politik ist jetzt gefragt,“ erklärte er gestern. Innensenator Werner Hackmann sieht hingegen keinen Anlaß, seine Haltung zu überdenken. Hackmanns Referent Wolfgang Lüdtke: „Ich sehe keinen Grund, warum Bewegung reinkommen sollte.“ Am Johanniswall setzt man offenkundig auf Zermürbung. Lüdtke: „Heute morgen waren um

1die 70 Roma da, wir wollen mal abwarten, wie viele es morgen sind.“

Die Kulturbehörde zeigt sich unterdessen zufrieden, daß es am Sonntag „zu keiner größeren Kon-

1frontation“ gekommen ist. Behördensprecher Hinrich Schmidt-Henkel bekennt aber: „Glücklich sind wir mit der Situation nicht.“ Seine Behörde habe aber keine Alterna-

1tive gehabt. Und wenn die Roma doch noch auf das Gelände gelangen? „Dann haben wir doch eine Situation, an deren Ende eine Räumung steht.“ Kai von Appen