Reine Farben im Anschnitt

Beuys-Schüler  ■ Imi Knoebel

stellt neue Arbeiten in der Galerie Vera Munro aus

„In der Morgensonne sitzend...“: Ein überraschend sanfter Titel für die aluminiumkalten, klarfarbig mit Acryl bemalten Bild-Reliefs von Imi Knoebel in der Galerie Munro. Der 1940 in Dessau geborene Beuys-Schüler brachte aus seiner Geburtsstadt unterschwellig die Strenge des Bauhauses mit. Keine mythisch aufgeladene Objektbeschwörung lernte er in Düsseldorf von Beuys, sondern wie den verstorbenen Meisterschüler Blinky Palermo führte ihn sein Weg zu reinen Farbflächen in der strengen Ikonenhaftigkeit des Konstruktivisten Kasimir Malewitsch.

Der Beuys'schen Verdammung des Malens („Der Fehler fängt schon an, wenn einer sich Leinwand und Pinsel kauft....“) wurde mit intellektuellen Konzepten und strenger Vermeidung des persönlichen Gestus mit einer neokonstruktiven Kunst in reinen Farben geantwortet.

Blau, gelb, rot und rechtwinklig bilden Aluminium-Latten ein mehrschichtiges, architektonisches Raumbild. Die Gleichförmigkeit wird gebrochen, indem die Teile in der Tiefenstaffelung schräg versetzt sind. Diese neuen Arbeiten Knoebels wirken wie ein aktualisierter Mondrian, erinnern an die Ordnungskriterien der „de Stijl“- Künstler.

Ganz anders dagegen die Gruppe der zurückhaltenden „Sandwich-Bilder“: große Sperrholz-Tafeln, die mehrere monochrome Farbflächen zwischen sich so gänzlich abdecken, daß sie nur an den Rändern im Anschnitt sichtbar sind. Die Farben leuchten vergeblich. Sie sind nicht auf dem Tafelbild geschichtet, sondern in der Bildtafel gelagert. Gleich in welcher Form können Farben in jedem, auch traditionell gemalten Bild nur in der Vorstellung wirken, hier jedoch verweigern sie jeden spontanen Sinneseindruck. Der Bildtitel bezeichnet die Farben und sie sind gewiß real vorhanden, doch alle weitere Wirkung geschieht im Kopf der BetrachterInnen. Nur das äußere Muster des Verpackungsholzes mit seiner natürlichen Maserung bietet sich dem Auge an.

Die Problematik der abgewandten, weggestellten, zum Lagern gestapelten Kunst spielt schon seit langem im Werk von Knoebel eine zentrale Rolle. Die Galerie Munro selbst hat allerdings — im fünfzehnten Jahr ihres Bestehens — gerade eine Lösung der drängenden Lagerei-Probleme gefunden: Für eine Auswahl aus dem ständigen Angebot der Galerie, das von Mario Merz bis Walter Dahn, von Gerwald Rockenschaub bis Franz Erhard Walther reicht, sind im ersten Stock nun neue, zusätzliche Schauräume eingerichtet worden. Hajo Schiff

Galerie Vera Munro, Heilwigstr. 64, Di-Fr 10-13 und 14-18 Uhr, Sa 11-14 Uhr; bis 31. Juli.