piwik no script img

Scherf: Schulaufgaben nicht gemacht

■ Schuldebatte im Beirat Gröpelingen / Geht die GWS an der Sanierung kaputt?

Seitdem im Beirat Gröpelingen vier SPD- Mitglieder aus ihrer Partei ausgetreten und sich zu einer „Unabhängigen Fraktion“ zusammengeschlossen haben, haben die Stadtteil-Parlamentssitzungen an Farbe gewonnen. Als es am Montag um die Bildungspolitik im Stadtteil ging, da sah Bildungssenator Henning Scherf, konfrontiert mit präzisen Fragen aus dem betroffenen Publikum und den Anträgen der „Unabhängigen“, recht blaß aus.

Hauptsorgenkind der Gröpelinger: die Gesamtschule West. Seit Monaten ist bekannt, daß die Schule Asbest- und PCB-verseucht ist. Erst wollte die Baubehörde das nicht wahrhaben, jetzt ist ein Gutachten in Auftrag, das die Frage beantworten soll, ob ein Gesamt-Abriß nicht billiger wäre als eine Bausanierung. „Im Herbst“ soll es vorliegen.

Bevor das Gutachten nicht vorliege, könne man nichts machen, erklärte Bildungssenator Scherf. Egal ob Abriß oder Sanierung — das kostet Millionen, die bisher im Haushalt 1994 nirgends stehen. Warum eigentlich nicht, fragte die Unabhängige Fraktion. Und wie stellt sich die Behörde den Schulbetrieb während der jahrelangen Bauarbeiten vor? Brinkfriede Kahrs, Beiratssprecherin der SPD, teilte mit, daß die Deputation gerade am Tage der Beiratssitzung 100.000 Mark für Ausweich-Klassenräume zur Verfügung gestellt habe. „Ein Signal“, formuliert die SPD-Politikerin. Wofür? Beirats- Vertreter und anwesende Betroffene stellen klar, daß in Gröpelingen nicht genügend Ausweichraum für die gesamte Schule vorhanden ist. Eine jahrelange Zertrennung der Schule würde die Idee der GSW zudem kaputt machen, man habe sowieso immer nur mit besonderen Werbe-Aktionen die notwendige Schülerzahl zusammenbekommen, sagt Schulleiter Warsuhn. Die Unabhängigen kennen die Lage und haben den Antrag vorbereitet: Die GSW soll an ihrem Standort erhalten bleiben.

Die Schule Vegesacker Straße hat Glück gehabt: Nach Demonstration und Streik hat sie endlich Gelder für dringliche Baumaßnahmen erhalten. Warum müssen Eltern und Lehrer erst auf die Straße gehen, um die Behörde in Gang zu setzen? „Jetzt sagt er wieder, daß er das toll findet“, raunt eine Lehrerin in den Reihen des Publikums. Scherfs rhetorische Figuren sind abbegriffen: Tatsächlich begrüßt Scherf die Demonstration gegen ihn, wünscht sich mehr Elternaktivität und erklärt gleichzeitig, daß die Spielräume enger werden: „Es wird immer ungemütlicher in den nächsten Jahren.“

Einige Schulen wissen noch nicht, wieviele Lehrerstunden sie zur Verfügung haben werden nach den Ferien. Die Ampel-Koalition hatte versprochen, die Lahrerstunden-Zahl im Primarbereich solle nicht schlechter werden als sie 1991/2 war — aber das, erklärt der Buldungssenator einer verunsicherten Schulleiterin, gelte nur für die Gesamtzahl, nicht für die einzelne Schule. Und Brinkfriede Kahrs versucht wortreich zu vermitteln, es entspreche ihrer „Erwartungshaltung“, daß die nächste Deputationssitzung nach Ferienbeginn die Frage der Lehrerstundenzuweisung kläre, so daß, wenn die Lehrer aus dem Urlaub zurück kommen, sie erfahren, woran sie sind... „Schulaufgaben nicht gemacht“, kommt erboste das Echo aus dem Publikum. Die beiden Politiker haben keine Entschuldigung und keine Ausrede.

Ich hoffe, daß ihr bald wieder zurückkommt“, meint Scherf zu den ausgetrenen „Unabhängigen“. „Wenn ihr demokratisch entscheidet“, kontert Heiko Vogelsang. K. W.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen