„Unsere Bereitschaft schwindet“

■ Der CDU-Landesvorsitzende Bernd Neumann über die Nachteile einer Großen Koalition

taz: Hat Sie der Erfolg Ihres Mißtrauensvotums gegen Ralf Fücks überrascht?

Bernd Neumann: Ja, ich bin davon ausgegangen, daß es vielleicht vier, fünf Stimmen gibt, die nicht Herrn Fücks stützen, aber daß es nun mindestens zehn sind, hat mich doch überrascht.

Wittern Sie jetzt doch noch eine Chance zum Koalitionswechsel in dieser Legislaturperiode?

Das primäre Ziel, um jeden Preis noch in die Koalition zu kommen, ist sowieso nie sehr ausgeprägt gewesen...

Bei Ihnen...

Was heißt bei mir? Es mag ein paar geben, die das anders sehen. Aber nach wie vor spricht der Landesvorsitzende die Meinung der CDU aus. Insofern ist das nicht Neumann, sondern die CDU.

Wir haben von Anfang an auch gesagt, daß wir nicht permanent bereit sind, in eine Koalition einzutreten, weil es uns darum geht, etwas umzusetzen. Das Angebot steht, aber es wird mit zunehmender Zeit nachlassen. Denn Sie müssen davon ausgehen, daß ein Jahr vor Ende der Legislaturperiode der Wahlkampf einsetzt. Vom Herbst an wäre nur noch ein Jahr Zeit, etwas zu machen. Und das ist verdammt wenig.

Das zweite Problem ist, daß wir ja mit einer sehr desolaten SPD regieren müßten. Strategisch wäre es viel sinnvoller, wenn die Wähler nach dieser Legislaturperiode nun wirklich klar zwischen Alternativen entscheiden könnten.

Man könnte auch sagen: Erst stellt die CDU ein Mißtrauensvotum, und wenn das dann Erfolg hat, kneift sie den Schwanz wieder ein und sagt: Na, so haben wir das nicht gemeint...

Das ist ja falsch. Die CDU geht nicht hechelnd durch Bremen nach dem Motto: Koalition um jeden Preis. Hier ist ein Signal für die Brüchigkeit der Ampelkoalition gesetzt worden. Hier ging es uns nur darum, an einer wichtigen Stelle deutlich zu machen, daß die Ampelkoalition handlungsunfähig ist. Nur wenn wir mit unserem Mißtrauensvotum Erfolg gehabt hätten, wären wir jetzt zu einer Sondersitzung zusammengekommen, um die nächsten Schritte zu beraten.

Sie sind aber in Bonn geblieben. Also kein aktueller Handlungsbedarf bei der Bremer CDU?

Nein, der Fall ist ja nicht eingetreten. Wenn die am Ende sind, können wir uns nicht verweigern. Aber die Bereitschaft, das zu tun, schwindet mit zunehmender Zeit.

Haben Sie Schwierigkeiten, diese Position in Ihrer Partei durchzusetzen gegen all die Leute, die jetzt schon mit den Hufen scharren?

Ich habe noch nie Schwierigkeiten gehabt, für Strategien, die logisch durchdacht sind - und das sind meine meistens - Mehrheiten zu finden. Große Kontroversen über die Strategie gibt es bei uns nicht. Es gibt leichte Nuancen.

Reizt es Sie nicht, unter diesen Bedingungen bei den nächsten Wahlen doch wieder als Spitzenkandidat zu kandidieren?

Die Entscheidungen sind noch nicht gefallen, aber gehen Sie mal davon aus, daß wir mit Ulrich Nölle das letzte Mal einen wirklich phantastischen Spitzenkandidaten hatten; es wäre töricht, hier eine Änderung vorzunehmen. Und was den Reiz betrifft: Im Augenblick habe ich in Bonn eine wichtige Position. Außerdem habe ich als Bremer Parteivorsitzender nach wie vor die Möglichkeit, die Partei zu führen und über die Partei zu führen. Fragen: Dirk Asendorpf