Abtreibungspreise: Holland ist teurer

■ Pro Familia mit 270 Mark ist am preiswertesten / Sozialamts-Anträge vorher stellen

Seit zwei Tagen gilt der veränderte Paragraph 218. Ab nach Holland? Nein, Holland sei keine Alternative, sagt Thomas Jürgens von der Bremer Pro Familia, in Amsterdam nämlich koste ein Abbruch von 500 Mark an aufwärts. Bei Pro Familia dagegen müssen die Frauen 270 Mark auf den Tisch blättern.

Doch der Reihe nach: Ohne Beratungsgespräch läuft gar nichts; das war zwar schon immer so, nun aber soll die Beratung vor allem dem Schutz des ungeborenen Lebens dienen. Die Frau muß trotzdem nicht die Gründe für ihren Abtreibungswunsch nennen, beschreibt die Pressesprecherin des Sozialressorts die Bremer Praxis. „Vor Druck braucht keine Frau Angst zu haben.“

Beratungen bieten Pro Familia in Bremen und Bremerhaven, das Hauptgesundheitsamt Bremen, das Bezirksgesundheitsamt Bremen-Nord und das Bremerhavener Gesundheitsamt an, außerdem die Evangelische Familien- und Lebensberatung, der Sozialdienst Katholischer Frauen und der Caritasverband Bremen-Nord und Bremerhaven. Ohne Beratungsbescheinigung nehmen weder Pro Familia noch die im Land Bremen für Abtreibungen zugelassenen 13 Ärzte einen Abbruch vor. Erlaubt ist der Schwangerschafts-Abbruch frühestens drei Tage nach der Beratung.

Ist die Beratungshürde genommen, stellt sich die Frage nach der Finanzierung: Die Kassen zahlen sämtliche Kosten eines Schwangerschaftsabbruches nur noch im Fall einer medizinischen, eugenischen oder kriminologischen Indikation. Bei Abbrüchen aus anderen Gründen übernimmt die Kasse nur noch die Kosten für Vor-und Nachuntersuchungen: zum Beispiel für den Schwangerschaftstest, das Gespräch, die Untersuchung zur Feststellung des Kindesalters sowie die Untersuchungen nach erfolgter Abtreibung. Den Abbruch selbst und die dafür notwendige Teilanästhesie muß die Frau selbst zahlen.

Stichprobenbefragung: Im Schnitt wurden und werden bei den Praxen 350 bis 400 Mark für den Abbruch verlangt. Pro Familia nimmt 270 Mark: bar oder als Scheck, auf jeden Fall aber vor dem Eingriff. Die Sozialbehörde hofft, daß wenn die Frauen nun schon selbst zahlen müssen, dann wenigstens einen einheitlichen Satz. Darüber wird mit Ärzten und Kassen verhandelt.

In Krankenhäusern, in die Frauen üblicherweise nur überwiesen werden, wenn Komplikationen zu befürchten sind, entstehen wegen Vollnarkose und mehrtägigem Aufenthalt wesentlich höhere Kosten. Hier ist noch völlig unklar, in welchem Umfang die Kassen Kosten tragen.

Das Sozialamt übernimmt die Kosten für den Abbruch, wenn das Einkommen nicht höher liegt als 966 Mark (der Satz ab 1.7.) plus etwa 450 bis 500 Mark Miete (ohne Heizkosten) plus rund 400 Mark pro zu unterhaltendem Familienmitglied. Das Einkommen des Mannes oder der Eltern wird dabei nicht angerechnet, so daß auch Frauen, die keinen Anspruch auf Sozialhilfe haben, einen Anspruch auf die Zahlung des Abbruches haben können.

Das Sozialamt zahlt jedoch nur dann, wenn der Antrag vor dem Abbruch gestellt worden ist. Laut Sozialbehörde reicht es, wenn der Antrag am Tag des Abbruchs im Briefkasten ist. Anträge liegen in den Beratungsstellen aus. Den Ämtern für Soziale Dienste scheint es aber lieber zu sein, wenn die Frau persönlich vorbeikäme. Mitzubringen sind Personalausweis und Nachweise über Einkommen und Wohnungskosten. Nach den Gründen für einen Abbruch wird nicht gefragt. Außerdem sollen in Bremen nur Frauen, die sich freiwillig melden, diese Anträge bearbeiten. Christine Holch