Polizei ist gefordert

■ Türkische Gemeinde (TGB) will einen Ausländerbeauftragten bei der Polizei / Zweites Büro soll in Ostberlin errichtet werden

Einen Ausländerbeauftragten bei der Polizei, mehr Öffentlichkeitsarbeit gegen den Rassismus, eine regelmäßig erstellte Liste über ausländerfeindliche Vorfälle und einen verstärkten Schutz ausländischer Einrichtungen fordert die Türkische Gemeinde zu Berlin (TGB) vom Berliner Senat. Nach den Morden von Solingen und den Attentaten auf Ausländer seien bislang keine wirksamen Maßnahmen erfolgt, um rechtsextreme Gewalttäter abzuschrecken, bemängelte gestern TGB-Vorsitzender Mustafa Turgut Cakmakoglu. „Wenn es um Abschiebung und Ausweisung geht, funktioniert die Verwaltung perfekt.“

Um dem Vertrauensschwund der türkischen und ausländischen Bürger in die politischen und öffentlichen Stellen der Stadt zu begegnen, seien nun konkrete Schritte gefordert. Dazu gehöre auch, rechtsextremistische Gruppen verstärkt zu beobachten und deren Veranstaltungen, Konzerte und Demonstrationen notfalls zu verbieten. Den Rechtsradikalen müsse die Plattform für ihre Agitation konsequent entzogen werden.

Nach Ansicht der TGB ist es nunmehr dringend geboten, bei der Berliner Polizei die Stelle eines Ausländerbeauftragten einzurichten. Er soll Beschwerden von betroffenen Ausländern innerhalb der Behörde nachgehen. Daneben will die TGB die Möglichkeit erhalten, Gespräche mit Ausländern zu führen, die sich im Gewahrsam der Polizei befinden. Häufig seien Klagen über die schlechte Behandlung bei Festnahmen zu hören, so Cakmakoglu: „Wir werden die Probleme nur lösen, wenn wir offen miteinander reden.“ Er regte außerdem an, Türken als Angestellte in den Polizeidienst zu übernehmen. Dies könnte problemlos geschehen, weil hierfür — im Gegensatz zur Beamtenlaufbahn — keine deutsche Staatsbürgerschaft vorgewiesen werden müsse. Erneut sprach sich Cakmakoglu gegen jede Form der Selbstschutzes unter Ausländern aus. Die Polizei müsse allerdings deutlich zeigen, daß sie in der Lage sei, gegen rechtsextremistische Täter das Gewaltmonopol des Staates durchzusetzen.

Verstärkt will sich die TGB in Zukunft im Ostteil der Stadt engagieren. Geplant ist die Einrichtung eines Ostberliner Büros. Angesichts der Tatsache, daß zwei Drittel aller Angriffe gegen Ausländer nach wie vor auf Ostberliner Gebiet stattfänden, seien Informationen über das Leben der Minderheiten hier besonders notwendig, so Cakmakoglu. Das Land Berlin müsse dafür allerdings helfend unter die Arme greifen. Der Chef der Senatskanzlei, Volker Kähne, habe zugesagt, sich um Mittel für diese Aufgabe zu bemühen. Auf Bundesebene wiederholte Cakamakoglu die Forderung nach erleichterten Einbürgerungmöglichkeiten und der doppelten Staatsbürgerschaft für die in der Bundesrepublik geborenen oder aufgewachsenen Ausländer. Nur wer die Möglichkeit habe, sich an Wahlen zu beteiligen, werde auch den nötigen Druck auf die Politik ausüben können. Severin Weiland