Abteilungsleiters neue Heimat

■ Ex-NeueHeimat-Manager klagt seine MieterInnen an die frische Luft / BewohnerInnen klagen über Telefonterror und Übergriffe Von Marco Carini

Beim Wohnungskonzern Neue Heimat arbeitete er bis zu dessen Zusammenbruch in gehobener Position: als Abteilungsleiter im Vertrieb. Dabei hat Ortwin W. offenbar so gut verdient, daß er zwei Millionenobjekte Immobilien erstehen konnte: eine 850 Quadratmeter große Prunkvilla in der Elbchaussee und einen ansehnlichen Altbau am Grindelhof 69. Bei der Neuen Heimat hat Ortwin W. anscheinend auch gelernt, wie man sich unlieb-samer MieterInnen entledigt.

Seit Ende 1989 gehört Ortwin W. das Mietshaus im Uni-Viertel. Nachdem eine saftige Mieterhöhung ein Schuhgeschäft zum Auszug zwang, erwischte es die Redaktionsassistentin Rubina Aslanian. Ihr Pech: Nur das mündliche Einverständnis der Vorbesitzerin hatte ihr das Wohnrecht gesichert, im Mietvertrag aber waren ihre Schwester und ihr Schwager aufgeführt.

Ortwin W. zur taz: „Da ich einen klaren Ansprechpartner brauchte, habe ich Frau Aslanian einen Mietvertrag angeboten, den sie aber nicht unterschreiben wollte“. Die Verlagsangestellte nennt den Grund: „Meine Miete sollte verdoppelt werden“. Als sie nicht freiwillig gehen wollte, habe Ortwin W. „mit telefonischem Psychoterror versucht“, sie „kleinzukriegen“. Ein von Ortwin W. durchgesetztes Räumungsurteil zwang sie im Herbst 1991 schließlich zum Auszug.

Das nächste Räumungsurteil bedeutete für den 25jährigen Carsten Hasenbein im Februar dieses Jahres die vorübergehende Obdachlosigkeit. Er hatte bei einer heute 88jährigen Hausbewohnerin zur Untermiete gewohnt, bis Ortwin W. Eigenbedarf anmeldete. „Ich hatte ein wunderbares Verhältnis zu der alten Dame und als Herr W. ihr drohte, sie rauszuklagen falls sie mir nicht kündigt, ist sie in meinen Armen weinend zusammengebrochen“, erinnert sich Hasenbein. Entnervt habe die Seniorin schließlich den Anwälten von Ortwin W. alle benötigten Vollmachten ausgestellt, um ihn auf die Straße zu setzen.

Offenbar um diesen Prozeß zu beschleunigen habe ihn W. eines Tages „an der Gurgel gepackt“ und sei ihm dabei „zweimal unsanft mit der Hand übers Gesicht gefahren“. Später behauptete der Vermieter gar gegenüber der Polizei, der Fotoassistent habe Hakenkreuze in den Hausflur geschmiert. Für Ortwin W. aber war der Räumungs-Rausschmiß nur ein Akt der Nächstenliebe: „Die alte Dame wollte Herrn Hasenbein nicht mehr haben, da wollte ich ihr behilflich sein“.

Behilflich dabei, ihr Heim zu verlassen, ist Ortwin W. zur Zeit auch zwei im ersten Stock wohnenden Familien, die dem Eigenbedarf seiner beiden Töchter weichen sollen. Während der Schauspieler Peter Weis vor wenigen Tagen in zweiter Instanz verdonnert wurde, bis zum Herbst mit seiner Familie nach sechs Jahren auszuziehen, wartet die Nachbarfamilie noch auf das Urteil.

Weis-Ehefrau Marion Briel schäumt: „Während beider Eigenbedarfsverfahren standen hier mehrfach Wohnungen leer, die Ortwin W. mit horrenden Mietsteigerungen neu vergeben hat“. Auch das Angebot eines erst seit kurzem im Grindelhof wohnenden Mieters, seine Wohnung wieder aufzugeben, wenn W. ihm von 80.000 Mark Renovierungskosten 30.000 Mark ersetze, interessierte Ortwin W. nicht. Durch seinen Anwalt ließ der Besitzer der Millionen-Immobilien nur mitteilen, er könne das Geld nicht aufbringen.

Rechtsanwalt Daniel Marquard, der mehrere Grindelhof-MieterInnen vor Gericht vertrat: „Herr W. klagt bevorzugt MieterInnen heraus, die seit Jahren dort wohnen und vergleichsweise geringe Mieten zahlen“. Dieser Meinung ist auch der Fotograf Martin Koslowski, der seit über 10 Jahren im Grindelhof69 wohnt und nach eigenen Angaben mehrere Abmahnungen und Kündigungen von Ortwin W. bekam.

Koslowski: „Herr W. will mich raushaben, um durch Neuvermietung mehr zu kassieren“