Streit um Emsvertiefung: Werftarbeiter demonstrieren

■ Umweltverbände begrüßen „schallende Ohrfeige

Der vom Verwaltungsgericht Oldenburg verfügte vorläufige Stop für die Vertiefung der Unterems hat Entsetzen und Beifall ausgelöst. Die rund 1.800 Arbeiter und Angestellten der Papenburger Meyer-Werft verließen gestern unter dem Eindruck der Entscheidung ihre Arbeitsplätze und zogen vor das Rathaus ihrer Stadt. Dort demonstrierten sie für die Sicherung ihrer Arbeit. Die Werftleitung wollte keine Stellungnahme abgeben.

Die Kläger, acht Flußfischer, sowie die unterstützenden Naturschutzverbände begrüßten die Entscheidung. Nach den Worten des Sprechers der Umweltstiftung WWF in Bremen, Holger Wesemüller, hat das Gericht den beteiligten Behörden eine „schallende, aber längst überfällige Ohrfeige verabreicht“. Deren „Salamitaktik“ sei endlich unabhängig gerügt worden. Das Gericht habe die seit Jahren beklagte „Unaufrichtigkeit“ der Behörden bei der Beteiligung der Öffentlichkeit an wichtigen Vorhaben gerügt.

Das Oldenburger Gericht stellte fest, daß die Wasser- und Schiffahrtsdirektion (WSD) in Aurich bei ihren Plänen zur Emsvertiefung „quasi ins Blaue hinein“ gearbeitet habe. Das Gericht habe „erhebliche Zweifel“, ob der „Schiffsneubau 'Oriana' auch bei sofortigem Beginn der Bauarbeiten zeitgerecht nach Emden gebracht werden kann“. In einem Vermerk des Bundesverkehrministers vom Dezember 1991 heiße es unmißverständlich, die beantragte Vertiefung der Ems auf 6,80 Meter „lasse nicht die spätere Überführung von 7,30 Meter tiefgehenden Werftschiffen zu“. Eine solche Vertiefung könne nicht vor 1998 vollzogen sein.

Der Betriebsratsvorsitzende der Meyer-Werft, Paul Bloem, griff am Freitag die Umweltschutzverbände scharf an. Sie sorgten sich nicht um Menschen. Sie wollten die Werft nicht. Die Situation, in der diese sich befinde, sei durch „Mangel an Mut“ und „unbegreifliche Empfindsamkeiten von Landes- und Bundesbehörden, zwischen Parteien und Institutionen“ entstanden.

Die Naturschützer weisen die Vorwürfe zurück. Die Arbeitsplätze auf der Meyer-Werft hätten auch für sie einen hohen Rang. Werftbesitzer und Politiker hätten jedoch offenbar verkannt, daß die Werft und der Fluß nur eine gesicherte Zukunft hätten, wenn der Betrieb ein „zweites Standbein“ am seeschifftiefen Fahrwasser, beispielsweise im 50 Kilometer entfernten Emden erhalte.

Der Schiffsneubau „Oriana“ zählt zu den Aufträgen, die die Meyer-Werft bis Ende des Jahrzehnts auslastet. Für die „Oriana“ und andere unter Vertrag genommene Neubauten ist nach den Angaben der Werftleitung eine Vertiefung der 40 Kilometer langen Unterems von bisher 5,70 Meter auf 7,30 Meter notwendig. Die zuständigen Behörden hatten unter Protesten der Naturschutzverbände zunächst eine Vertiefung auf 6,80 Meter vollziehen wollen. Dagegen klagten die Ditzumer Fischer. Das Gericht bescheinigte ihnen in der Eilentscheidung, die Behörden hätten ihre Interessen bei den Vertiefungsplänen nicht ausreichend berücksichtigt. dpa