Mietvertrag ohne Wohnung

■ Wie ein Hamburger Hauseigentümer abkassiert

Wie ein Hamburger Hauseigentümer abkassiert

Rechtsanwalt Holger Barrelet spricht von einem klassischen Betrugsfall. „Strafanzeige wird auf jeden Fall erstattet.“ Es geht um die Zwei-Zimmer-Wohnung seines Mandanten Olaf Ott am Neuen Pferdemarkt 15. Trotz eines gültigen Mietvertrags wird ihm seit Oktober 1991 der Zutritt verwehrt. Jetzt ist sogar ein neuer Mieter in die inzwischen umgebaute Wohnung eingezogen.

Im April 1986 mietete Olaf Ott die rund 64 Quadratmeter große Wohnung. Preis inkusive Betriebskosten: 530 Mark. Seit einigen Jahren lebt er dort zusammen mit Freundin Kit Hu. Schwierigkeiten gibt es erst, als im November 1990 der Eigentümer wechselt.

Vermieter Gerhard Meyer überzog Olaf Ott mit Kündigungen. „Einmal soll ich in der Nachbarwohnung ein Waschbecken geklaut, dann die Elektroleitungen sabotiert haben“, erzählt der 28jährige. Im Januar 1991 erklärt ein Gericht die jüngste Kündigung für unwirksam. Doch im Oktober 1991 brennt das Haus. Brandstiftung. Die genauen Umstände können nicht aufgeklärt werden, das Ermittlungsverfahren wird eingestellt.

Nutznießer ist Vermieter Meyer. Er hat es nicht eilig, den Schaden zu beheben. Selbst als das Bezirksamt Mitte im Februar 1992 die Auflage erteilt, die wesentlichen Arbeiten bis März zu erledigen, geschieht nichts. Obwohl Otts Freundin ein Kind bekommt und die beiden auf die Wohnung angewiesen sind.

Dann beginnen Anfang 1993 plötzlich Bauarbeiten im Haus. Doch die Wohnung wird anders instandgesetzt, als es sich der Mieter vorstellt. Wände werden durchbrochen, aus zwei Wohnungen wird eine große. Und dafür sucht Meyer einen neuen Mieter. Den alten Mietvertrag ignoriert er, kassiert lieber eine saftige Courtage – die ihm als Eigentümer gar nicht zusteht. Als die neue Mieterin die Umstände der Vermietung mitbekommt, kündigt sie den Vertrag. Die Courtage hat sie bis heute nicht zurückerhalten.

Statt dessen zieht jetzt ein neuer Mieter in Otts Wohnung. Der Mietpreis beträgt inzwischen 1800 Mark, zuzüglich Betriebskosten von 370 Mark. Olaf Ott und Kit Hu sind bei einer Freundin untergekommen. Wie lange sie dort bleiben können, wissen sie nicht. Vermieter Meyer war nicht zu erreichen. Bei „Mieter helfen Mietern“ ist das Haus am Neuen Pferdemarkt bekannt. „Ob das ein Einzelfall ist oder dieser Vermieter weitere Häuser besitzt, wissen wir nicht“, sagt Mieteranwalt Jürgen Twisselmann.

Torsten Schubert