Psst am Pultischen

■ Bald mehr Schmidt für alle im Ersten

Ja, ja, der Harald Schmidt, das ist schon so einer. Wie er binnen kürzester Zeit das fade Süppchen von Kurti und Paola („Verstehen sie was?“) zur One-Man-Show mit Harald umfunktioniert hat, bei der die Einspielfilmchen immer mehr zum Störfaktor werden, das macht ihm so leicht keiner nach. Und komischerweise lieben ihn alle, unabhängig vom Alter und sittlicher Reife. Wenn Harald samstags seine Späßchen macht („Ich glaube, mein Gesäß ist heute etwas schlaff“), haut Oma vor Vergnügen dem Enkelchen aufs Schenkelchen (ahäm..., der mußte jetzt einfach mal raus). Und wo Schmidt neben dem Moik, Koali (aber selbst der treibt's ja nun schon gelegentlich bei den Mainzelmännchen) der einzige Unterhalter von Format ist, den die ARD noch ihr eigen nennen darf, müßten die öffentlich-rechtlichen Scherz-Verwalter ja geradezu mit dem Klammerbeutel gepudert sein, wenn sie mit diesem Pfund nicht ausgiebiger wuchern wollten. Nun wollen sie. Und das gleich entschieden.

Ab Oktober wandert „Pssst“ von West 3 ins Erste, und ab Anfang nächsten Jahres soll auch „Schmidteinander“ (bislang ebenfalls im Dritten und von der ideologischen Ausrichtung her immer irgendwo auf der Linie Drewermann-Matthäus-Adorno) republikweit das Volk erfreuen.

Zwar führt „Pssst“ den Untertitel „das etwas andere Ratespiel“, aber die Versuchsanordnung ähnelt doch schwerst an Robert Lemkes identitätskritisches Schweinerlmästen „Was bin ich?“. Harald sitzt, leicht erhöht, hinter einem Pult; ihm gegenüber ebenfalls an etwas Pultischem: das Rateteam, bestehend aus Mariele Millowitsch, Elke Heidenreich, Ingolf Lück und Schmidts Mastermind, Herbert „Mad“ Feuerstein. Und dann kommt auch schon ein Mensch rein. Entweder einer, den außerhalb seiner Verwandtschaft kaum jemand kennt, oder ein echter Prominenter.

Der Gast nimmt – ohne seinen Namen an eine Tafel zu schreiben und ohne sein Kreuzchen bei „angestellt“ oder „selbständig“ zu machen – neben Harald Platz, und alsbald erscheint – ungegongt – per Einblendung für uns daheim jenes skurrile Geheimnis, das dieser Mensch mit sich herumschleppt und das lüften zu lassen er nun da sitzt. Gleich, ob da einer schon mal fünfeinhalb Stunden einer Kuh nachjagte, ein Stück Wurst im Müsliriegel hatte, sein Hund einen Vogel hat oder ihn schon mal ein Haifisch knutschte, das Rateteam legt sich emsig ins Zeug und ist immer ganz prima in Stimmung. Meistens kriegen sie's raus, meistens ist Feuerstein der Dumme, manchmal hat es den Anschein, als hätten sie alle einen über den Durst gezischt, aber immer haben alle viel Spaß. Wer's nicht glauben will, kann sich derzeit dreimal wöchentlich im Ersten davon überzeugen. Da werden nachmittags die 52 alten Ausgaben durchs Sommerloch genudelt, zum Beispiel an einem Tag wie heute um 17.15 Uhr. Reinhard Lüke