■ Das Portrait
: Sir William Golding

Wer kennt ihn nicht, den 1954 erstmals erschienen Roman „Lord of the Flies“ („Der Herr der Fliegen“), der Wiliam Golding zu Weltruhm verhalf: Pflichtlektüre im Englisch-Unterricht, aber auch ein großer Erfolg als Film. Wer aber kennt auch nur einen weiteren Roman des englischen Schriftstellers, der jetzt im Alter von 82 Jahren gestorben ist?

William Golding wurde am 19. September 1911 als Sohn eines Lehrers in St. Columb Minor in Cornwall geboren. In den dreißiger Jahren studierte er in Oxford, zunächst auf das Drängen seines Vaters hin Naturwissenschaften, schließlich aber doch englische Literatur. Da er anschließend sowohl am Theater in London, als auch mit seinen Gedichten und Romanmanuskripten keinen Erfolg hatte, mußte er sich als Lehrer in einer Knabenschule im südenglischen Salisbury verdingen.

Im Zweiten Weltkrieg kämpfte William Golding als Offizier der Royal Navy gegen das faschistische Deutschland, unter anderem war er bei der Invasion in der Normandie durch die Alliierten dabei.

In den meisten seiner insgesamt 13 Romane thematisiert Golding menschliche Verhaltensweisen in Extremsituationen. Besonders eindrücklich hat er sein skeptisches Menschenbild in „Lord of the flies“, herausgearbeitet, einer Parabel auf die human condition, in der es eine Gruppe britischer Schüler auf eine unbewohnte Insel verschlägt. Auf sich selbst zurückgeworfen siegen Egoismus und archaische Verhaltensmuster über die Moral einer zivilisierten Gesellschaft; ein düsterer Anti-Robinson.

Der 1983 mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnete englische Schriftsteller starb im Alter von 82 JahrenFoto: Reuter

Die Gesamtauflage seiner Bücher soll inzwischen weit über 20 Millionen Exemplare umfassen, doch Golding war ein konservativer Außenseiter der englischen Literaturszene.

Seine Auszeichnung mit dem Nobelpreis im Jahr 1983 kam höchst überraschend. Alle hatten einmal mehr mit Graham Green gerechnet, doch dieser war der Jury politisch unliebsam. Sir William Golding pflegte keine Kontakte zu Kommunisten und Landesverrätern wie Kim Philby, sondern lebte seit 1962 zusammen mit seiner Frau Ann zurückgezogen in einem Landhaus in Cornwall. Michael Sontheimer