Hakenkreuz ist zu alt

■ Polizei schließt politischen Hintergrund bei Brandanschlag in Kreuzberg aus: "Typischer Serienbrandstifter"

Drei Tage nach dem nächtlichen Brand in der Kreuzberger Blücherstraße, bei dem eine Deutsche und ihr zweijähriger Sohn an den Folgen einer Rauchvergiftung starben, geht die Polizei inzwischen von einer Brandstiftung aus. Wie der Leiter der ermittelnden Fachdienststelle für Brandsachen, Helmut Stolz, gestern gegenüber der taz sagte, gebe es jedoch „keine Anhaltspunkte für ein politisches Motiv“. Diese Vermutung hatten vor allem die BewohnerInnen des Hauses geäußert.

Der Täter hatte den Brand in einem Kellerraum direkt unter einem kurdischen Restaurant entzündet, was Spekulationen über ein rassistisches Tatmotiv Nahrung gegeben hatte. AnwohnerInnen hatten auf ein Hakenkreuz auf dem Hofboden vor dem Haus hingewiesen, das erst vor wenigen Tagen dort hingesprüht worden sein soll. Stolz erklärte dazu: „Der Staatsschutz hat das vor Ort überprüft“, jedoch keinen Anlaß gesehen, die Ermittlungen zu übernehmen. Die Umstände der Brandstiftung sprächen vielmehr für „einen typischen Serienbrandstifter“. Der Brand sei mit einem Feuerzeug entzündet worden, Benzin sei nicht benutzt worden. „Mit 80prozentiger Wahrscheinlichkeit geht so ein Feuer aus. Ein politisch motivierter Täter aber will lodernde Flammen, nicht Qualm“, sagte Stolz. Das Hakenkreuz sei „zu alt“, um es mit dem Brand in Verbindung zu bringen.

Auf die Frage, warum der Staatsschutz nicht parallel weiterermittle, antwortete Stolz: „Wir haben die gleichen Ermittlungsmethoden.“ Der Fachdienststellenleiter bestritt die Darstellung eines Hausbewohners, daß der Täter alte Kleider in den Keller geschafft habe, um sie dann zu entzünden. Daß der Kellerraum, in dem der Brand entzündet wurde, direkt unter dem Restaurant liegt, hält Stolz für Zufall: „Der Täter hat sich den Raum ausgesucht, der am leichtesten zugänglich war.“

Demgegenüber hatte die türkische Gemeinde am Sonntag in einem Schreiben an die Presse die Auffassung geäußert, daß es sich um einen Anschlag mit rassistischem Hintergrund handele. Dazu erklärte gestern der Vorsitzende Mustafa Cakmakoglu gegenüber der taz: „Das war nur eine Vermutung. In der Gegend wohnen schließlich sehr viele Landsleute von uns.“ Cakmakoglu war von einem türkischen Bewohner eines Nachbarhauses über den Vorfall informiert worden.

AnwohnerInnen haben inzwischen ein Holzkreuz mit Blumen vor dem Haus aufgestellt. Die „Antirassistische Initiative“ hatte für den gestrigen Abend zu einem Trauermarsch aufgerufen. ujo