■ US-Psychologe ermittelt Haltbarkeitsdaten von Ehen
: Streß deutet auf Trennung hin

Berkeley (dpa/taz) – Robert Levenson, Psychologe an der Universität Berkeley in Kalifornien, ist darauf spezialisiert, Warnzeichen in ehelichen Beziehungen herauszufinden und so ihre Haltbarkeit vorauszusagen. Zusammen mit dem Wissenschaftler John Gottman hat Levenson rund 500 Paare unter die Lupe genommen. Verblüffendes Ergebnis: Die Prognosen trafen zu 95 Prozent zu.

Levensons Verfahren gilt als einmalig. Er beschränkt sich nicht darauf, die Kommunikation – Augenkontakt, Gestik und Mimik – zu untersuchen, sondern auch die Körperreaktionen in alltäglichen und kritischen Situationen. In frühen Studien war dem Professor nach eigener Aussage aufgefallen, daß sich die Emotionen seiner Klienten in starken physischen Reaktionen widerspiegelten. Das brachte ihn auf die Idee, den Umgang der Paare miteinander zu messen. Dabei setzt er Lügendetektoren ein. Den Paaren wird auferlegt, vor dem Besuch des „Ehelabors“ acht Stunden lang nicht miteinander zu sprechen. Dort wird dann eine alltägliche Situation nachgestellt: Mann und Frau unterhalten sich darüber, was ihnen der Tag gebracht hat. Den Schlußpunkt setzt ein Gespräch der Partner über ein Problem, um dessen Lösung sie sich bemühen.

Während der Gespräche sind die Paare an die Detektoren angeschlossen. In einem Nebenraum zeichnet ein Gerät Schweißabsonderung, Herzschlag, Muskelbewegung, Atmung, Blutdruck und Körpertemperatur auf, während Levenson an einem Monitor den Dialog verfolgt und die sichtbaren Reaktionen beobachtet. An den Ergebnissen liest er ab, ob die Ehe halten wird oder wann eine Trennung zu erwarten ist. In einer Vierjahresstudie mit 73 Paaren sagte er sieben von neun Scheidungen präzise voraus. Es waren jene Partner, die während der Tests die meisten Symptome von Streß zeigten.

Levenson und Gottman fanden außerdem heraus, daß der Zustand der Ehe die Gesundheit von Frauen viel stärker beeinflußt als die der Männer. Da sie sich stärker für die Lösung der Eheprobleme verantwortlich fühlten, litten sie häufig an Depressionen, Schlaflosigkeit und anderen Störungen. Männer dagegen regulierten den Streß, indem sie sich einfach abschotteten. Levenson teilt den Paaren die Testergebnisse nicht mit, um eine sich selbst erfüllende Prophezeiung auszuschließen.