EG-Gipfel lobt Reformen in Osteuropa

Regierungen versprechen, den westeuropäischen Markt auch für Stahl, Textilien und Agrargüter aus Osteuropa zu öffnen / Delors' Reformvorschläge werden weiter diskutiert  ■ Aus Kopenhagen Dorothea Hahn

Hätte sich die Lage in Bosnien nicht so dramatisch zuungunsten der moslemischen Seite verschlechtert, der EG-Gipfel in Kopenhagen wäre vor allem ein Wirtschaftsgipfel geworden. Das hatten die dänischen Gastgeber gewünscht und die mit offiziell 12 Prozent historische höchste Arbeitslosigkeit, die Rezession in allen Mitgliedsländern und die wirtschaftlichen Außenbeziehungen der Gemeinschaft weit oben auf die Agenda gesetzt. Vergebens, diese Themen rückten in den Hintergrund.

Die Zusammenarbeit mit den sechs mittelosteuropäischen „Visegrad-Ländern“ Slowakei, Tschechien, Ungarn, Rumänien, Bulgarien und Polen, die der EG bereits durch Assoziierungsabkommen verbunden sind, soll intensiviert werden. Ihre „mutigen Anstrenungen“ zur Modernisierung ihrer ehemaligen Planwirtschaften wurden ausdrücklich gelobt. Die EG „verpflichtete“ sich, diesen Reformprozeß zu unterstützen. Langfristig sollen diese Länder Mitglieder werden können – vorausgesetzt, sie erfüllen die Bedingungen der EG. Ein Datum für die Beitritte wurde nicht genannt. Einzelne Politiker wiesen jedoch darauf hin, daß beispielsweise Tschechien zu einem früheren Zeitpunkt „gemeinschaftsreif“ wäre, als seine östlichen Nachbarländer. Vorerst sollen den „Visegrad-Ländern“ zwei Jahre nach ihrer Assoziierung leichtere Marktzugänge nach Westeuropa gewährt werden. Das soll auch für die Bereiche Textil, Stahl und Landwirtschaft gelten.

Den Beitrittskandidaten erster Klasse Österreich, Schweden, Finnland und Norwegen sicherten die zwölf Regierungschefs in Kopenhagen zum wiederholten Mal einen „Beitritt ohne Wenn und Aber“ (O-Ton Kohl) zum 1. Januar 1995 zu. Die Beitrittsverhandlungen haben während der dänischen EG-Ratspräsidentschaft zwar formal begonnen, doch bewegen sie sich offenbar noch in den Präliminarien.

Der bereits am Montag vorgestellte Achtpunkteplan von Jacques Delors, den der Präsident der EG-Kommission ganz unbescheiden „Eintritt in das 21. Jahrhundert“ getitelt hatte, soll in den nächsten sechs Wochen von den Regierungen der Mitgliedsländer geprüft und mit neuen Vorschlägen angereichert nach Brüssel zurückgegeben werden. Delors will eine Konsolidierung der öffentlichen Haushalte, er plädiert für eine Aufstockung des bereits im vergangenen Jahr in Edinburgh beschlossenen Kreditprogramms von 5 Milliarden Ecu (ca. 6 Mrd. DM) um weitere 2 Milliarden Ecu. Im Mittelpunkt seiner Vorschläge stehen Strukturreformen zur Wettbewerbsverbesserung der europäischen Wirtschaft.