Die Bundeswehr bleibt in Somalia

■ Bundesverfassungsgericht lehnt Eilantrag der SPD ab / Bundestag muß Einsatz beschließen

Karlruhe/Bonn (AFP/dpa/taz) – Die Bundeswehr kann ihren umstrittenen Einsatz in Somalia vorläufig fortsetzen. Dies hat das Bundesverfassungsgericht gestern abend entschieden. Allerdings ordnete der Zweite Senat zugleich einen neuen Beschluß des Bundestages an. Der Einsatz dürfe „nur aufrecht erhalten und fortgeführt werden, wenn und so weit der Deutsche Bundestag dies beschließt“, sagte der Vorsitzende Richter Ernst-Gottfried Mahrenholz in der Urteilsbegründung. Die Entscheidung erging einstimmig. Eine Frist für den Beschluß des Bundestages setzten die acht Richter nicht.

Diese Anordnung soll gelten, bis das BVG seine Entscheidung im Hauptsache- Verfahren in den Verfassungsklagen gegen den Adria-Einsatz der Marine, den AWACS-Einsatz der Luftwaffe und den Somalia-Einsatz fällt. Der Bundestag müsse nunmehr „anders als in seinen bisherigen Entschließungen“ zu Somalia „in eigener Verantwortlichkeit“ bestimmen, ob und in welchem Umfang weitere deutsche Soldaten nach Somalia entsandt werden dürfen. Verweigere der Bundestag die Zustimmung, so werde deutlich, daß der Bundesregierung die Unterstützung des Parlaments fehle. Die Zulässigkeit des Einsatzes deutscher Soldaten im Rahmen einer UN-Mission könne erst in einem Hauptverfahren geklärt werden, sagte Mahrenholz. Es sei aber nicht Aufgabe des Gerichts, jetzt eine Entscheidung über die Entsendung der Streitkräfte zu fällen.

Die Entscheidung folgte dem „Kompromißvorschlag“, den das Gericht am Ende der Verhandlung am Dienstag abend vorgelegt hatte: Nicht mehr die Bundesregierung, sondern der Bundestag entscheidet künftig über Auslandseinsätze der Bundeswehr. Für einen solchen Beschluß ist dann lediglich die einfache Mehrheit erforderlich. Da es sich nicht um ein Gesetz handeln würde, wären danach keine Klagen von Bundestagsfraktionen gegen derartige Einsätze mehr möglich.

Führende SPD-Vertreter hatten bereits mit diesem Ausgang des Verfahrens gerechnet und gesagt: „Wir gehen mit unserem Antrag auf den Stopp der Somalia- Mission voll baden.“ Sie trösteten sich jedoch damit, daß die zu Niederlage „eigentlich als ein Sieg für die innerparteiliche Situation“ gewertet werden könne. Jetzt müßten die internen Streitigkeiten ein Ende haben: Die Linken in der Partei, die sich bisher strikt gegen Kampfeinsätze der Bundeswehr gewehrt haben, „müßten sich, ob sie wollen oder nicht, mit der neuen Entwicklung abfinden“.

Gestern nachmittag hatte UN-Generalsekretär Butros Ghali nach einem Bonn- Besuch noch erklärt, ein Abzug der deutschen Soldaten aus Somalia würde für die UN-Mission in dem afrikanischen Land „eine Menge Probleme schaffen“ und könne einen Präzedenzfall schaffen. Ghali lehnte es aber ab, einen deutschen Rückzug mit dem Wort „katastrophal“ zu bewerten, wie dies in den vergangenen Tagen Bundeskanzler Helmut Kohl und Außenminister Klaus Kinkel getan hatten. Er versicherte der Bundesregierung und „dem deutschen Volk“ seine Dankbarkeit für die deutschen Beiträge zu verschiedenen UN-Missionen: „Die UNO braucht Deutschland, und Deutschland braucht die UNO.“ Siehe auch Seite 5