Als Kaffee noch selbst gekocht wurde

■ Ausstellung zeigt Treptow um die Jahrhundertwende

Kaffeeduft scheint einem derzeit im Johannisthaler Heimatmuseum förmlich in die Nase zu steigen. Zwar wird das belebende Gebräu dort nicht ausgeschenkt, dafür in einer Ausstellung aber jene Zeit wiederbelebt, da Familien in den Gaststätten ihren Kaffee noch selbst kochten. Am Sterndamm 102 kann neben historischem Kaffeegeschirr unter anderem auch eine aus Brettern nachgezimmerte Luke besichtigt werden, an der die Frauen um 1900 das heiße Wasser – zwei Liter kosteten 60 Pfennige – für ihren „Braunen“ holten. Ansichtskarten und Fotografien zeigen den Ausflugsort Treptow um die Jahrhundertwende und die Berliner vor dampfenden Kaffeetassen.

In Treptow sei die bekannte Berliner Tradition „Hier können Familien Kaffee kochen“ entstanden, weiß Museums-Leiterin Barbara Spitzer. Mitte des 18. Jahrhunderts siedelten sich die Kolonisten in dem heutigen Berliner Bezirk an. Da viele zu ihrem Haus einen kleinen Garten hatten, lockten sie die Spaziergänger hinein, um sie dann mit Kaffee zu bewirten. Doch diesem nicht unbeträchtlichen Nebenverdienst wurde bald durch die Einführung der Schankgenehmigung ein Ende gesetzt. Da hatte die sächsische Kolonistenfamilie Taube einen Einfall: Sie umging die Verordnung, indem sie nur noch heißes Wasser ausschenkte und die Gäste ihren Kaffee selbst kochen ließ. Nach kurzer Zeit griffen das zahlreiche Lokalitäten auf, so daß diese nicht nur den wohlhabenden Besuchern am arbeitsfreien Sonntag vorbehalten blieben. Auch weniger vermögende Familien konnten sich mit ihren Kindern dort tummeln.

Vom S-Bahnhof Treptower Park bis nach Spindlersfeld entlang der Spree befand sich um 1900 nach Angaben von Barbara Spitzer ein Ausflugslokal neben dem anderen. Die gigantischsten Ausmaße hatte der „Paradies-Garten“ gegenüber dem heutigen Rathaus Treptow in der Neuen Krugallee: 6.000 Ausflügler fanden dort Platz. Auch die Abteiinsel – heute Insel der Jugend – war mit Gartenstühlen „umsäumt“. Übrig ist von den schätzungsweise 50 Lokalen am Treptower Spreeufer lediglich die 1822 erbaute Gaststätte „Zenner“. ADN

Die Ausstellung ist bis zum 31. Oktober donnerstags bis sonntags von 14 bis 18 Uhr geöffnet.