Und wo bleibt die Frauenforschung?

■ Das Psychologische Institut und das Institut für Psychologie an der FU sollen im Zuge der Sparmaßnahmen fusionieren / Studierende am PI fürchten um Inhalte

Abspecken auf der ganzen Linie, heißt die Devise. Nach dem Hochschulstrukturplan 1993 sollen in ganz Berlin 15.000 Studienplätze bis zum Jahr 2005 gestrichen werden. Abspecken auf der ganzen Linie müssen vermutlich auch die Psychologen an der FU: Im Zuge der rigiden Sparmaßnahmen sollen das Psychologische Institut (PI) und das Institut für Psychologie (IfP) an der Freien Universität zusammengelegt werden. In dem harten NC-Fach Psychologie sollen Professorenstellen von jetzt insgesamt 24 auf 17 zurückgestutzt werden. Angsichts dieser Entwicklung besetzten die Studierenden am 2. Juni das PI.

„Ich denke, daß die Kürzungen dazu benutzt werden, um Inhalte zu streichen“, empörte sich Nadja Katsch, Studentin am PI im vierten Semester. Am PI gebe es beispielsweise ein Tutorienmodell, in dem Studierende aus dem Hauptstudium die Lehrinhalte ihren jüngeren Kommilitonen vermittelten. Dann gebe es das Ressortprinzip, in dem beispielsweise die Sekretärinnen übergreifende Aufgabenbereiche bearbeiten und nicht, wie üblich, einem Professor unterstellt sind. Auch die kritische Psychologie, der Bereich Psychoanalyse und das interdisziplinär ausgerichtete „Frauenprojekt/Feministische Wissenschaft“ seien in Gefahr.

Letzteres etablierte sich in den vergangenen zehn Jahren und hat regen Zulauf. „Wir bieten pro Semester rund sieben Veranstaltungen im Hauptstudium über beispielsweise Geschlechterforschung, Adoleszenz- oder Suchtforschung an“, erklärte Anne Kurth, wissenschaftliche Mitarbeiterin dieses Arbeitsbereichs. Eine Besonderheit sei auch die praxisorientierte Lehre, in der Studentinnen unter Anleitung Selbsthilfegruppen für Frauen organisierten.

Erste Forderung der Frauen bei einer Zusammenlegung der Institute ist, daß im personellen Bereich die Stellen abgesichert werden. Denn momentan sind alle vier Stellen befristet. Außerdem fordern sie eine Professur.

Wie es weitergehen soll, ist noch nicht ganz klar. In einer Institutsratssitzung am 21. Juni einigten sich die Institutsangehörigen des PI auf drei Essentials, die sie bei einer Fusion mit dem IfP unbedingt durchsetzen wollten. Dabei geht es um den Erhalt des Tutorienmodells, der drei Arbeitsbereiche Frauenforschung, Psycholanalyse und kritische Psychologie und des Ressortprinzips.

Vorschläge für eine Neustrukturierung gab es zuhauf. Das aktuell in der Diskussion stehende Modell soll aus fünf bis sechs einzelnen Instituten bestehen. Die kritische Psychologie könnte in das letzte eingegliedert werden. „Die Frauenforschung hat zur Zeit noch Schwierigkeiten, sich in ein neues Modell einzuordnen“, so Anne Kurth. Die Diskussion ist auf die kommende Institutsratssitzung verschoben worden.

„Alles soll erst einmal bleiben, wie es ist. Wenn wir das nicht realisieren können, müssen wir nach Kompromissen suchen“, erklärte Nadja Katsch. Die einfachste Lösung wäre, wenn sich die Institute gegenseitig die Scheine anerkennen würden, so die Studentin. Allerdings mache das IfP bei einigen Fächern Schwierigkeiten.

„Das betreffe nur Fächer wie beispielsweise Statistik oder Experimentalpraktika im Grundstudium“, hielt Hans Westmeyer, stellvertretender Direktor des IfP dagegen.

In einer Stellungnahme vom Mai diesen Jahres sprachen sich die IfPler für eine Fusion aus. „Die vorhandenen Kapazitäten können so zusammengelegt werden“, erklärte Westmeyer. Was ihn schon seit Jahren ärgere, sei der personalwirtschaftliche Bereich. Das IfP beispielsweise habe gemessen an der Personalausstattung ein besseres Grundstudium, das PI ein besseres Hauptstudium anzubieten.

FU-Vizepräsident Werner Väth erklärte, daß die Essentials des PI unbedingt erhalten bleiben müßten, da sie ein Spezifikum der FU darstellten. Für die kritische Psychologie stellte er sogar in Aussicht, die Stelle des gerade emeritierten Professors Holzkamp, des Begründers dieses Bereiches, wieder neu auszuschreiben. Von einer Professur für Frauenforschung redete er nicht gern, so Väth. Allerdings könne man die befristete C2-Stelle in der Frauenforschung in eine Dauerstelle verwandeln. Doch zuerst soll die Zusammenlegung realisiert werden. Anschließend könne über die quantitative Struktur gesprochen werden. Am 7. Juli soll ein Grundsatzbeschluß im Akademischen Senat erfolgen. Befürchtungen der Studierenden des PI, daß nach der Strukturveränderung Inhalte langsam verschwänden, entkräftete Väth. „Wir wollen niemanden reinlegen.“ Susanne Landwehr